Für politische Streiks und gegen Krieg

Linkspartei-Vorsitzender Lafontaine zum Programmentwurf der Partei

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Zweieinhalb Jahre hat es gedauert, jetzt liegt der Programmentwurf der LINKEN vor. Am Wochenende wird er vom Vorstand der Linkspartei beraten und anschließend der Öffentlichkeit vorgestellt.

Berlin (ND). »Der Kapitalismus ist nicht das Ende der Geschichte.« Die Vorherrschaft des Kapitals über die Wirtschaft, die Gesellschaft und die Natur zu brechen, ist laut dem Programmentwurf Ziel der Partei Die LINKE, die sich zugleich zu einem Demokratischen Sozialismus bekennt. Dabei grenzt sich das Papier vom realen Sozialismus der Zeit vor 20 Jahren ab.

Unter Pervertierung der sozialistischen Idee seien dort Verbrechen begangen worden. »Dies verpflichtet uns, unser Verständnis von Sozialismus neu zu bestimmen.« Für künftige Debatten ist damit hier wie an anderen Stellen zugleich eine weiterhin offene Frage benannt.

Ein, zwei oder mehr Entwürfe – lange Zeit war nicht klar gewesen, ob es der Programmkommission gelingt, ein gemeinsames Papier zu erarbeiten. Unter der Leitung der Vorsitzenden der Programmkommission, Lothar Bisky und Oskar Lafontaine, war die Arbeit am Entwurf zu Wochenbeginn schließlich beendet worden. Die nun folgende Debatte soll im nächsten Jahr zu einem Programm führen, das ein Parteitag beschließt. Ob danach die Partei in einer Urabstimmung endgültig darüber befindet, ist noch offen und wird in einer Mitgliederbefragung entschieden, die am Montag beginnen soll.

Gegenüber der Nachrichtenagentur dpa machte Lafontaine am Donnerstag deutlich, dass das Programm eine Zusammenarbeit mit der SPD auf Bundesebene nicht erleichtern werde. »Auf Bundesebene ist eine Zusammenarbeit solange nicht möglich, solange die SPD sich nicht endgültig von Hartz IV verabschiedet, nicht bereit ist, eine armutsfeste Rente zu beschließen und dabei bleibt, dass Krieg weiter ein Mittel der Außenpolitik ist«, sagte der Parteivorsitzende. Diese Kernforderungen der LINKEN seien nicht verhandelbar. Lafontaine: »Wir können nicht ein bisschen Hartz IV, ein bisschen Armutsrente und ein bisschen Krieg machen.« Im Programm lege sich die Partei zudem darauf fest, »dass wir uns nur dann an einer Regierung beteiligen, wenn es nicht zu weiterem Arbeitsplatzabbau, weiterem Sozialabbau und weiteren Privatisierungen kommt«, gab die Agentur Lafontaine wieder.

Zur in der Partei immer wieder umstrittenen Frage über die Alternative von Opposition oder Regierungsbeteiligung stellt der Programmentwurf fest: »Parlamentarische Opposition wie auch das Wirken in Regierungen sind für die LINKE Mittel politischen Handelns und gesellschaftlicher Gestaltung.« Maßstab für die Entscheidung sei die Verbesserung der Lage von Benachteiligten, die Entwicklung und Durchsetzung linker Projekte und Reformvorhaben, die Veränderung der Kräfteverhältnisse und die Einleitung eines Politikwechsels. »Parlamentarische Bündnisse mit anderen politischen Kräften gehen wir dann ein, wenn dies den von uns angestrebten Richtungswechsel in Politik und Gesellschaft fördert.«

Zugleich stellt der Entwurf fest, die LINKE stehe »in grundsätzlicher gesellschaftlicher und politischer Opposition zu Neoliberalismus und Kapitalherrschaft, imperialistischer Politik und Krieg.« Ausführlich beschäftigt er sich mit der militärischen Entwicklung der letzten Jahre und geht hier beispielsweise auf den Krieg gegen Jugoslawien ein. »Wir lehnen die Beteiligung der Bundeswehr an imperialistischen Kriegen ab«, sagte Lafontaine. Mit »imperialistischen Kriegen« seien Kriege um Rohstoffe und Absatzmärkte gemeint.

Als Forderungen der Linkspartei nennt der Entwurf unter anderem einen gesetzlichen Mindestlohn, Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich – längerfristig auf 30 Stunden, die Verstaatlichung von Banken, eine »bedarfsdeckende und sanktionsfreie Mindestsicherung« anstelle von Hartz IV. Auch hier bleibt die Debatte über ein bedingungsloses Grundeinkommen offen.

Der dpa sagte Lafontaine weiter, der Programmentwurf stehe unter dem Motto »Demokratische Erneuerung«. Dazu gehöre, »dass man der Mehrheit der Bevölkerung die Möglichkeit gibt, politische Fehlentscheidungen zu korrigieren«. Eine Möglichkeit seien Volksentscheide, die die LINKE auch auf Bundesebene einführen will. Eine andere seien politische Streiks, die es in anderen europäischen Ländern wie Frankreich bereits gebe.

Eine Bewertung der DDR wird in dem Papier eher knapp vorgenommen. »Es ist deutlich geworden: Ein Sozialismusversuch, der nicht von der großen Mehrheit des Volkes demokratisch gestaltet, sondern von einer Staats- und Parteiführung autoritär gesteuert wird, muss früher oder später scheitern. Ohne Demokratie kein Sozialismus. Deshalb gehörte zum Gründungskonsens der PDS – einer der Vorläuferparteien der LINKEN – der unwiderrufliche Bruch mit dem Stalinismus.«

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