ThyssenKrupp gibt den zivilen Schiffbau auf
Auch die Hamburger Werft Blohm+Voss wird von einem Investor aus Abu Dhabi übernommen
Die Beschäftigten der Hamburger Traditionswerft Blohm+Voss hoffen nach dem Verkauf auf neue Aufträge.
Heute geht im Hamburger Hafen eine Ära zu Ende. Blohm+Voss, die letzte der einst zahlreichen Großwerften im Hafen, wird nun auch offiziell an den arabischen Investor Abu Dhabi Mar verkauft. Das letzte Wort hat der Aufsichtsrat der Muttergesellschaft ThyssenKrupp Marine Systems. Aber an dessen Zustimmung gibt es keine ernsthaften Zweifel. Grundsätzlich hatten sich die beiden Partner schon im Oktober auf das Geschäft geeinigt; seitdem wurde um Details des komplexen Deals gerungen.
ThyssenKrupp zieht sich weitgehend aus dem zivilen Schiffbau zurück und behält nur noch eine Minderheitsbeteiligung von 20 Prozent an den Bereichen Reparatur, Mega-Jachten und Schiffskomponenten. Die Nordseewerke in Emden sind bereits verkauft; dort baut die mittelständische Siag Schaaf Industrie aus Dernbach in Rheinland-Pfalz künftig Komponenten für Windkraftanlagen. Der zivile Teil der Kieler Werft HDW geht ebenfalls an die Araber, die zuvor bereits die Rendsburger Nobiskrug-Werft gekauft haben.
»Wären keine Partner gefunden worden, hätte ThyssenKrupp den zivilen Schiffbau wohl eingestellt«, sagte der Hamburger IG-Metall- Chef Eckard Scholz. Mit zivilen Schiffen ist einfach kein Geld mehr zu verdienen, und die Schiffbau-Sparte war dem nordrhein-westfälischen Stahl- und Technologiekonzern schon immer ein wenig suspekt. Bei Containerschiffen gibt es auf Jahre Überkapazitäten. Und Käufer teurer Mega-Jachten mussten in der Wirtschaftskrise wegen plötzlich auftretender Geldknappheit ihre Aufträge stornieren. Das Auftragspolster schmolz zusammen wie Butter in der Sonne.
Die Hoffnung der rund 1700 Beschäftigten in den verkauften Bereichen bei Blohm+Voss richtet sich nun auf den Investor. Er soll neue Aufträge aus dem Nahen Osten mitbringen. Im militärischen Schiffbau will Blohm+Voss den neuen Partner Abu Dhabi Mar mit 50 Prozent beteiligen. Das ist politisch heikel und wird von der Bundesregierung genau beobachtet. Die technologische Führung bleibe in deutscher Hand. Für die Beschäftigten ändert sich in den kommenden beiden Jahren erst einmal wenig: Kündigungsschutz, Lohnhöhe und Arbeitszeiten sollen bleiben wie sie sind.
Blohm+Voss steht wie kaum eine zweite deutsche Werft für die glanzvollen Zeiten des deutschen Schiffbaus, aber auch für die Ausbeutung von Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen sowie skrupelloses Kriegsgewinnlertum. Schon im Ersten Weltkrieg baute die Werft U-Boote für die Kriegsmarine, im Zweiten Weltkrieg war sie eine von Hitlers großen Rüstungsschmieden. Zu den legendären Schiffen gehörten das Fahrgastschiff »Wilhelm Gustloff« für die NS-Organisation »Kraft durch Freude« und das Schlachtschiff »Bismarck«, die beide während des Krieges versenkt wurden.
Die Werft mit ihren Schwimmdocks gegenüber den St.-Pauli- Landungsbrücken gehört zu den bekanntesten Motiven Hamburgs. Früher hatten einige tausend Beschäftigte dort ihre Arbeitsplätze, doch das ist lange vorbei. Ob die gut 130 Jahre alte Werft überhaupt noch eine lange Zukunft hat, hängt letztlich davon ab, ob die Investoren aus Abu Dhabi die dringend benötigten Aufträge besorgen können.
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