Der gegängelte Zuschauer

DIW-Studie: HDTV-Verschlüsselung macht neues Fernsehen zudem teurer

  • Steffen Schmidt
  • Lesedauer: 2 Min.
Zwar steht inzwischen in jedem fünften deutschen Haushalt ein Fernseher, der hochauflösende Bilder anzeigen könnte. Doch wie eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zeigt, blockieren sich bislang private Fernsehsender, Kabel- und Satellitenunternehmen sowie die Filmwirtschaft gegenseitig bei der Durchsetzung der neuen Technologie.

ARD und ZDF starteten ihren Sendebetrieb mit hochaufgelöstem Fernsehen (HDTV) mit Beginn der Winterolympiade in Vancouver. DIW-Mitarbeiter Georg Erber geht davon aus, dass trotz der relativ weiten Verbreitung passender Bildschirme höchstens ein Prozent der deutschen Zuschauer in den Genuss der schärferen Bilder kam.

Der Grund dafür ist auf den ersten Blick ein rein technischer: Die Mehrzahl der älteren flachen Plasma und LCD-Fernseher besitzen nur ein Empfangsteil für analoges Satelliten- oder Kabelfernsehen sowie für das in den Ballungsräumen empfangbare Digitalfernsehen über Antenne (DVB-T). Die digitalen HDTV-Programme laufen aber fast ausschließlich über Satellit. Dafür ist also vielfach ein zusätzlicher Empfänger (Settop-Box) nötig. Das gleiche gilt für derzeit anlaufende digitale Übertragung über die Kabelnetze. Dahinter steckt allerdings ein handfester Konflikt über die Verfügungsgewalt über die Programminhalte, erläuterte bei der Vorstellung der Studie Koautor Sven Heitzler.

Die werbefinanzierten Privatsender planen eine komplette Verschlüsselung der HDTV-Programme mit einer umfangreichen Verwaltung der Zuschauerrechte. Diese solle die Aufzeichnungsmöglichkeiten einschränken, die Dauer ihrer Wiedergabe und die Überspringbarkeit der Werbeblöcke – alles Verschlechterungen des derzeitigen Rechts auf Privatkopie im analogen Fernsehen und bei DVBT. Überdies planen Privatsender, Satelliten- und Kabelbetreiber, den Zugang zu hochaufgelösten Programmen an eine Zusatzgebühr zu binden, sagte Heitzler.

»Filmproduktionsfirmen und Sender arbeiten zusammen, um alle Teile der Verwertungskette zu kontrollieren. Daraus können sich auch problematische Auswirkungen auf den Wettbewerb ergeben«, schlussfolgert Heitzler. »In solchen Fällen muss der Staat seine Regulierungsfunktion wahrnehmen«, fordert Erber. Allerdings herrsche derzeit bei den zuständigen Landesmedienanstalten eine Tendenz zur Deregulierung vor. Erber stellt allerdings in Frage, ob eine grundsätzlich verschlüsselte Ausstrahlung des Programms überhaupt mit den geltenden Rundfunkstaatsverträgen vereinbar ist.

Die hohen Sicherheitsforderungen der Filmwirtschaft und diese neuen Begehrlichkeiten der Sender und Netzbetreiber haben zudem ein neues Verschlüsselungssystem hervorgebracht, das dem Endkunden kaum noch Auswahl beim Kauf des Empfangsgerätes lässt. Kleinere Geräteanbieter hätten schon durch die hohen Zertifizierungskosten bei jeder neuen Anpassung der Empfänger kaum noch eine Marktchance. Da bleibt womöglich mancher noch bei seinem alten Fernseher und wartet ab.

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