HSV will aus dem Tief, VfL ins Geschichtsbuch
Vor den Viertelfinalrückspielen in der Europa League sind die Vorzeichen bei den deutschen Klubs grundverschieden
Vor den entscheidenden Duellen in der Fußball-Europa-League könnte die Stimmung bei den beiden Bundesligisten unterschiedlicher kaum sein. Während der VfL Wolfsburg gegen den FC Fulham die Euphorie nutzen und den ersten Halbfinaleinzug auf internationaler Bühne perfekt machen will, muss sich der strauchelnde Hamburger SV aus dem Stimmungsloch ziehen. »Ein Weiterkommen ist extrem wichtig«, schwor Klubchef Bernd Hoffmann seine Elf auf das zweite Duell am Donnerstag bei Belgiens Meister Standard Lüttich (Hinspiel 2:1) ein. Sollte nach dem gescheiterten Anlauf auf Meistertitel und Champions-League-Plätze nun auch die Vision vom Endspiel am 12. Mai in der eigenen Arena platzen, würde vermutlich mit eisernem Besen an der Hamburger Sylvesterallee gekehrt.
Als die HSV-Mannschaft am Mittwoch den Flieger bestieg, war auch Flaschenwerfer Paolo Guerrero dabei, als wäre nichts geschehen. »Ich konzentriere mich nur auf das Spiel«, meinte der Peruaner. Er war nach seinem Flaschenwurf auf einen Fan zwar mit einer Geldstrafe, nicht aber mit einer klubinternen Sperre belegt worden. Eine Suspendierung könnte der ermittelnde DFB eh nur für die Liga aussprechen. In der Europa League dagegen darf der HSV schalten und walten wie er mag.
»Ich habe nie daran gezweifelt, Paolo in den Kader zu nehmen«, erklärte Trainer Bruno Labbadia. Ob Guerrero im Maurice-Dufrasne- Stadion aufläuft, hängt von seinen Stürmerkollegen ab. Sowohl Ruud van Nistelrooy als auch Mladen Petric klagten über Wehwehchen, zudem sind Zé Roberto und Joris Mathijsen nicht vollkommen fit.
Die Affäre um den Südamerikaner überlagert das Grundproblem des HSV – die seit Monaten anhaltende sportliche Talfahrt. Vor allem nach den peinlichen Liga-Auftritten in Mönchengladbach (0:1) und gegen Hannover 96 (0:0) braucht der in der Kritik stehende Labbadia den Einzug ins Europa-League-Halbfinale.
Zuversicht herrscht beim Nordrivalen aus Wolfsburg. »Ein Halbfinale erreicht man nicht alle Tage. Wir haben eine einmalige Chance«, sagte Manager Dieter Hoeneß. Dank Alexander Madlungs Auswärtstreffer vor einer Woche in London zum 1:2 ist der Optminismus riesengroß. Bereits jetzt ist der deutsche Meister so weit wie niemals zuvor im Europapokal gekommen. Angesichts des Formanstiegs des VfL mit acht Siegen aus zuletzt zwölf Pflichtspielen und der Auslosung mit den möglichen Halbfinal-Gegnern HSV oder Lüttich ist auch das Endspiel nahe.
»Die Aussicht aufs Halbfinale motiviert uns ohne Ende«, sagte Verteidiger Marcel Schäfer. Angesichts der Euphorie muss Lorenz-Günther Köstner den Tatendrang bereits bremsen. »Ich spüre den Hunger der Mannschaft auf diesen Erfolg. Aber wir dürfen nicht gierig werden. Dann neigt man zu Fehlern«, warnte der Coach. Immerhin steht ihm wohl der komplette Kader zur Verfügung in der heimischen Arena, in der unter anderem Schauspieler und Fulham-Anhänger Hugh Grant erwartet wird. Grant hat eine Karte für die Arena bestellt. »Das zeigt, welchen Stellenwert diese Partie hat«, sagte Hoeneß. dpa
Viertelfinal, Rückspiele
VfL Wolfsburg - FC Fulham (Hin 1:2)
Standard Lüttich - Hamburger SV (Hin 1:2)
Atlético Madrid - FC Valencia (Hin 2:2)
FC Liverpool - Benfica Lissabon (Hin 1:2)
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.