Spielen oder nicht spielen - das war die Frage vor dem UEFA-Pokal-Finale am Mittwoch zwischen dem 14-fachen holländischen Champion Feyenoord Rotterdam und dem sechsfachen Meister Borussia Dortmund. Nach der Ermordung des in der Hafenstadt beheimateten niederländischen Politikers Pim Fortuyn entschied sich Rotterdams Bürgermeister Ivo Opstelten erst gestern für die Austragung im Rotterdamer Stadion »De Kuip«. Dem Rotterdamer Stadtoberhaupt stand nach niederländischem Recht die letzte Entscheidung zu. Nach dem Willen der Europäischen Fußball-Union (UEFA) sollte das Finale trotz des Anschlags stattfinden.
Unabhängig von diesen tragischen Ereignissen, wollen die Dortmunder heute Abend (20.15 Uhr live in der ARD) nach dem Gewinn der Meisterschaft einen weiteren Titel an Land ziehen. Dabei können die Westfalen, die nach 1966 im Pokalsieger-Wettbewerb (2:1 n. V. über FC Liverpool), 1993 im UEFA-Pokal (1:3 und 0:3 gegen Juventus Turin) und 1997 in der Champions League (3:1 gegen Juventus Turin) nunmehr zum vierten Mal in ihrer Geschichte ein europäisches Endspiel erreicht haben, gleich mehrere Rekorde einstellen. Sollten die Gelb-Schwarzen den UEFA-Cup holen, würde nach dem Gewinn des Weltpokals 1997 sowie der Europapokale bei den Landesmeistern (1997) und Pokalsiegern (1966) die vierte große Trophäe in der Dortmunder Vitrine Platz finden. Das gelang bisher nur Juventus Turin, dem FC Barcelona, Bayern München und Ajax Amsterdam.
Im 54. und letzten Pflichtspiel der Saison des Ballspielvereins Borussia (BVB) muss Trainer Matthias Sammer auf Sebastian Kehl (international noch nicht spielberechtigt) und Christoph Metzelder (dritte Verwarnung) verzichten. Für Metzelder rückt mit Jürgen Kohler noch einmal ein Mann in die Startformation, der mit der Partie in Rotterdam seine einzigartige Laufbahn unwiderruflich beenden wird. Die sportliche Vita des 36-jährigen Ausnahmeverteidigers, der auch das Trikot von Waldhof Mannheim, des 1. FC Köln, Bayern München, Juventus Turin und Borussia Dortmund trug, liest sich hervorragend: Weltmeister 1990, Champions-League-Sieger 1997, UEFA-Cup-Sieger 1993, deutscher Meister 1990, 1996 und 2002, italienischer Meister 1995. Ab 1. Juli dieses Jahres wird Kohler seine Erfahrung aus 105 Länderspielen und 397 Bundesligapartien als DFB-Nachwuchstrainer an die Jugend weitergeben.
Vorher soll aber noch der 15 Kilogramm schwere Pott der UEFA mit nach Dortmund geholt werden. Allerdings tragen die Dortmunder im niederländischen Rotterdam keinesfalls die Favoritenbürde. Kurioserweise vergab die UEFA bereits im Frühjahr 2001 dieses Finale an das »De Kuip« in Rotterdam, der Heimstätte von Feyenoord. Auch wenn unter den 50000 Zuschauern rund 15000 BVB-Anhänger sein werden, tragen die Borussia ein Auswärtsspiel gegen einen Gegner aus, der Heimrecht genießt. »Die UFEA hätte vorsorglich zwei Finalorte benennen müssen«, kritisierte BVB-Präsident Niebaum.
Zu wünschen ist, dass die Begegnung nicht von Ausschreitungen begleitet wird. Da die Rivalität zwischen deutschen und holländischen Fans bekanntlich groß ist, streben die Sicherheitskräfte eine strikte Trennung beider Fan-Lager an. So dürfen sich die Deutschen nur im Süden, nicht aber im Zentrum der Stadt aufhalten. Hoffentlich ergibt sich im »De Kuip« (zu deutsch: die Wanne) die Spannung nur aus dem Geschehen auf dem Rasen. Da die einzige Finalpartie - früher gab es noch ein Hin- und Rückspiel - auch durch ein »Golden Goal« entschieden werden kann, könnte sich die Spannung in einer Verlängerung ins Dramatische steigern.
Unabhängig vom Ausgang machen beide Teams, die als Gruppendritte der Champions-League-Vorrunde in den UEFA-Cup rückten, große Kasse. Denn dort ist die dezentrale Vermarktung wesentlich lukrativer als in der zweiten Gruppenphase der Champions League.
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