Bayern auf Kurs nach Madrid
Champions-League-Halbfinale: 1:0 gegen Lyon
Der Mann des Abends rebellierte. Arjen Robben dachte weder an seine Mannschaft, den FC Bayern, noch an die Konsequenzen, sondern nur daran, sein zweites Tor zu erzielen. Die Chance, erzählt er später, sei doch groß, »denn ich hatte das Gefühl, dass der Gegner müde ist«. Die Entscheidung, ihn im Halbfinalhinspiel der Champions League gegen Olympique Lyon auszuwechseln, empfand Robben deshalb als Affront. Nur langsam bewegte er sich Richtung Seitenauslinie, motzte und lamentierte. Louis van Gaal regelte die Angelegenheit prompt, hielt den aufmüpfigen Spieler am Trikot fest und sprach ein paar passende Worte. »Er hat gesagt, dass ich das nicht machen soll und dass die Mannschaft wichtiger ist«, erzählte Robben später und gab zu: »Meine Reaktion war nicht richtig.«
Der Disput in der 85. Minute sorgte nur für ein wenig Missstimmung nach dem 1:0 der Münchener am Mittwochabend. Die öffentliche Zurechtweisung für den Spieler, der wieder einmal den entscheidenden Treffer setzte, diesmal mit Hilfe von Thomas Müllers Haarschopf, der dem Ball noch eine kleine Richtungsänderung gab, ist zwar nicht mehr als eine Randnotiz, aber ein Beispiel für van Gaals Souveränität. Der Holländer weiß fast immer, was zu tun ist. Sein Gespür für den Fußball und dessen Protagonisten hat den FC Bayern auf den Weg nach Madrid gebracht, zum Champions-League-Finale am 22. Mai. Die Ausgangsposition für das Rückspiel am Dienstag im Stade Gerland »ist gut«, so Präsident Uli Hoeneß, aber sie hätte noch besser sein können, denn die Bayern versäumten es, ihre Überlegenheit in Toren zu dokumentieren.
Ein bisschen hat das auch van Gaal zu verantworten. Die Auswechslung von Robben war das Signal, sich auf die Verteidigung des knappen Vorsprungs zu konzentrieren. Er hatte schon das Spiel am Samstag in Mönchengladbach im Hinterkopf. »Da müssen wir mit vielen fitten Spielern antreten.« Aber er erkannte auch, dass Robben mit seinem Tordrang ein wenig zu riskant spielte und Bälle verlor. »Mit Hamit Altintop hatten wir mehr Kontrolle«, erklärte er. Für ihn sei ein 1:0 besser als die 2:1-Siege gegen Florenz und Manchester, denn »auswärts haben wir immer Tore geschossen«. Es würde nicht verwundern, wenn van Gaal auch diesmal recht behalten würde. Er scheint auf alles eine Antwort zu wissen, und vielleicht ist es das einzige Manko dieser Elf, dass sie manchmal erst in große Schwierigkeiten kommen muss, um zu außergewöhnlicher Leistung aufzulaufen. Nach dem Platzverweis von Franck Ribéry lagen alle Vorteile bei den Franzosen. Der Münchner war Lisandro Lopez auf den Knöchel getreten. Ob das Foul zwingend Rot zur Folge haben musste, darüber schieden sich die Geister. Aber selbst beim FC Bayern herrschte die Meinung vor, dass es sich um eine vertretbare Entscheidung handelte. »Franck stand etwas zu lang auf dem Fuß seines Gegners«, sagte van Gaal.
Der Holländer bereitete sofort einen perfekten Schachzug vor. Die Einwechslung des defensiv orientierten Anatoli Timoschtschuk sah Hoeneß zu Beginn der zweite Hälfe als »Schlüssel zum Erfolg«. Van Gaal schickte zudem Schweinsteiger weiter nach vorne, um die Bälle in der Spitze zu behaupten. Lyon wusste sich nicht zu wehren und »wir haben auch mit zehn gegen elf dominant gespielt«, freute sich der Trainer. Als die Franzosen Toulalon nach wiederholtem Foulspiel verloren, war der Gegner nur noch um Schadensbegrenzung bemüht. »Ich denke«, sagte van Gaal mit einem an diesem Tag berechtigten Schuss Selbstgefälligkeit, »dass wir Europa wieder einmal gezeigt haben, wie stark wir sind.«
Bayern München: Butt - Lahm, van Buyten, Demichelis, Contento - Ribéry, Schweinsteiger, Pranjic (63. Gomez), Robben (85. Altintop) - Müller - Olic (46. Timoschtschuk).
Olympique Lyon: Lloris - Réveillère, Cris, Toulalan, Cissokho - Källström, Gonalons - Ederson (70. Bastos), Pjanic (56. Makoun), Delgado (79. Govou) - Lisandro Lopez.
Tor: 1:0 Robben (69.). Schiedsrichter Rosetti (Italien). Zuschauer: 66 000 (ausverkauft). Gelb-Rot: Toulalan (54./wiederholtes Foulspiel). Rot: Ribéry (37./grobes Foulspiel).
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