Einschüchterung und Hiebe
Handgreiflichkeiten bei Warnstreik in Frankfurter Großbäckerei
Konfrontationen mit der Geschäftsleitung und Handgreiflichkeiten gegen Gewerkschafter kennzeichneten einen mehrstündigen Warnstreik, mit dem rund 100 Beschäftigte der Großbäckerei Glockenbrot in Frankfurt am Main in der Nacht zum Montag die heiße Phase der aktuellen Tarifrunde für die Brot- und Backwarenindustrie in Hessen einleiteten. Die Beschäftigten folgten einem Aufruf der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG), die für die Branche in Hessen eine Lohnanhebung von fünf Prozent fordert und das Arbeitgeberangebot von 1,7 Prozent als zu niedrig ablehnt. Nächste Verhandlungsrunde ist am 7. Mai.
»Die Branche ist von der allgemeinen wirtschaftlichen Schieflage nicht oder nur am Rande betroffen«, erklärte NGG-Regionalgeschäftsführer Peter-Martin Cox vor den Streikenden im Frankfurter Industrievorort Fechenheim und wies darauf hin, dass Mehrarbeit und weiterer Leistungsdruck hier zum Alltag gehörten. Cox befürchtet, dass der Arbeitgeberverband das Personal für Backwarenverkaufsstellen aus dem NGG-Flächentarifvertrag ausgliedern und seine Einkommen deutlich senken will. Die Glocken-Bäckerei mit 150 Millionen Euro Gesamtumsatz gehört zum Handelskonzern Rewe und ist eine der größten Bäckereien Deutschlands.
Delegationen anderer Betriebe zeigten sich vor Ort ebenso solidarisch wie der frühere DGB-Landesvorsitzende Dieter Hooge. Der NGG-Bundesstreikbeauftragte Jürgen Hinzer registrierte einen »ungewöhnlich starken Druck der Arbeitergeberseite« auf Streikwillige. So hatte die Geschäftsleitung die Tore schließen lassen und damit den Beschäftigten den Zugang zu den Streikposten verwehrt. Der Eigentümer einer Leiharbeitsfirma war persönlich erschienen, um seine im Betrieb eingesetzten Beschäftigten einzuschüchtern. Ebenso fuhr er mit seinem Pkw in eine Streikversammlung unter freiem Himmel hinein, Verletzte gab es dabei jedoch nach Gewerkschaftsangaben nicht. Nachdem ihm der rabiate Betriebsleiter mit der Faust auf die Brust geschlagen hatte, erstattete Hinzer bei anwesenden Polizisten Strafanzeige.
»Das ist das Demokratieverständnis bei Glockenbrot«, prangerte der Gewerkschafter den Vorfall an. Die Streikenden wollen mit Hinzers Unterstützung bei der Frankfurter Maikundgebung des DGB am kommenden Samstag auf ihren Konflikt hinweisen und dabei auch darüber aufklären, »dass die Idee vom Co-Management überholt« sei, so Hinzer, der in Fechenheim den 137. Streik seiner Laufbahn als Gewerkschaftssekretär erlebte. Hauptredner bei der Maikundgebung ist der IG Metall-Vorsitzende Berthold Huber.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.