Raus aus der Wagenburg
Die Berlin Music Week vereinigt Popkomm, Berlinfestival und All2gethernow
Große Worte für ein großes Vorhaben: Als »musikalischen Mauerfall« bezeichnete Olaf Kretschmar von der Berlin Music Commission die gestern vorgestellten Pläne für eine »Berlin Music Week«. Vom 6. bis 12. September wird diese mit räumlichem Schwerpunkt auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof die Geschäftsmesse Popkomm, die Theorieveranstaltung All2gethernow und den Konzertreigen Berlinfestival erstmals unter einem Label vereinen.
Ob dies jedoch tatsächlich das Ende der bisher von den einzelnen »Playern« der Musikwirtschaft kultivierten »Wagenburgmentalität« bedeutet, wie Kretschmar am Montag in den zugigen Industrie-Hallen des Nachtklubs Tresor feststellte, muss sich noch erweisen. Schließlich sitzen mit dem Berliner Wirtschaftssenator Harald Wolf (LINKE), dem Marktgiganten Universal Music, den in der Club- bzw Music-Commission vertretenen Nachtleben-Betreibern sowie den eher grasswurzelartig organisierten All2gethernow-Machern höchst unterschiedliche Parteien im Music-Week-Boot. Dazu gesellen sich noch zahllose Künstler. Allein für das Berlinfestival haben bereits Dutzende Pop-Acts zugesagt, darunter Editors, Adam Green, Tricky, Blood Red Shoes oder die Anarcho-Elektroniker von Atari Teenage Riot.
Gerade diese Heterogenität könnte aber den Charme des neuen Konzeptes ausmachen – auch gegenüber der sich am Ende dekadent selber feiernden Popkomm. Doch bei aller berechtigten Kritik an der Musikmesse: Der Schock angesichts der Absage des Branchentreffs im letzten Jahr hat laut Kretschmar immerhin »die größte Dynamik in der Berliner Musikszene seit der Erfindung des Downloads« ausgelöst. Unter anderem wurde in kürzester Zeit die Alternativveranstaltung All2gethernow organisiert, und allgemein stieg die Kooperationsbereitschaft der im Musikgeschäft Tätigen.
Auch Senator Wolf sprach von einem »Ruck«, den die unter anderem mit Internetpiraterie begründete Absage ausgelöst habe. Die Stadt Berlin beteilige sich nun auf vielfältige Weise an der vielversprechenden »Idee Music Week«, so Wolf. Die Messe Berlin und die Berlin Tourismus Marketing GmbH würden organisatorische, die Wirtschaftssenatsverwaltung finanzielle Unterstützung zuteilwerden lassen – Letztere mit einem noch nicht feststehenden, aber »beachtlichen« Betrag, so der Senator.
Laut Moritz van Dülmen von der Kulturprojekte Berlin GmbH, die die Music Week koordiniert, könnte die Musikwoche durchaus der Beginn einer neuen »Tradition« sein. Auch solle die zeitliche Nähe der Music Week zur Internationalen Funkausstellung (IFA) genutzt werden, um inhaltliche und organisatorische Synergien zu schaffen, so van Dülmen. Die Abschlussveranstaltungen am 11. September bezeichnete er gar als größte Party »nach Sylvester«.
Wichtiger Raum wird denn auch dem Rahmenprogramm eingeräumt. Geht es nach den Machern, soll während der Herbsttage neben dem »Leuchtturm« Tempelhof, wo die zentralen Veranstaltungen und Konzerte stattfinden, die ganze Stadt im Zeichen der Musik stehen. So richtet die Kulturbrauerei ein Popkommfestival aus, und in der O2-Arena organisiert DJ Paul van Dyk unter dem leidlich fantasievollen Namen »We are one« das laut Eigenauskunft größte Event elektronischer Musik seit Weggang der Loveparade vor vier Jahren. Mit einem klaren Blick nach vorn beantwortete van Dyk übrigens Fragen nach einer Berlin-Rückkehr des im Endstadium eher peinlichen Techno-groß-Umzugs: »Vergangenes sollte man ruhen lassen.«
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