Norwegen rüstet und verkauft still

Industrie spezialisiert sich auf Nischenprodukte und sahnt kräftig ab

  • Andreas Knudsen, Kopenhagen
  • Lesedauer: 2 Min.
Norwegen rüstet auf: Firmen aus dem Land der Fjorde haben Nischen für hoch spezialisierte Produkte gefunden. So stellt Industriegigant Kongsberg komplexe Waffensysteme her und kooperiert bereits mit den USA.

In aller Stille haben norwegische Firmen globale Marktlücken für spezialisierte Rüstungsgüter entdeckt, in denen sie Wettbewerbern aus den führenden Waffen produzierenden Ländern überlegen sind. Die bedeutendste norwegische Industriegruppe dürfte Kongsberg Defence and Aerospace sein, bei der der Rüstungsanteil mittlerweile rund 25 Prozent des Umsatzes ausmacht. Produkte aus der Stadt Kongsberg sind in Norwegen bereits ein Synonym für Industrieproduktion höchster Qualität, aber im Fall der Defence-Gruppe hat sich der gute Ruf schon in 17 Länder verbreitet.

Größter Abnehmer der Defence-Produkte sind die US-amerikanischen Streitkräfte, die besonders die sogenannten Waffenstationen für sich entdeckt haben. Hierbei handelt es sich um Türme, in denen leichte und mittlere Kanonen installiert werden und die auf Panzer, Schützenpanzer, Lkw oder Schiffe montiert werden können. Ihr größter Vorteil ist es, dass die Ladung und Bedienung aus dem gepanzerten Schutzraum heraus erfolgt: Der Schütze wird nicht mehr feindlichem Feuer ausgesetzt, während er die Umgebung über Kameras und Sensoren überwacht. Die Kriege in Afghanistan und Irak haben die Nachfrage noch in die Höhe schnellen lassen.

Im Dezember 2009 schlossen Kongsberg und das US-Verteidigungsministerium einen Rahmenvertrag über die Lieferung von bis zu 10 349 Waffensystemen aus der Protector-Familie ab. Der erste Kaufauftrag über rund 200 Millionen Euro erfolgte im April und Kongsberg rechnet fest damit, dass weitere Bestellungen folgen werden. Als so sicher schätzen die Norweger die Auftragslage ein, dass sie eine Wartungsfabrik in den USA unterhalten und eine Montagefabrik in Kanada bauen.

Neben dem komplexen Waffensystem produziert die Kongsberg-Gruppe auch eine Seezielrakete, die gegenwärtig nur in der norwegischen Marine eingesetzt wird. Andere Seestreitkräfte zeigten jedoch Interesse, deshalb rechnet Kongsberg doch noch mit ausländischen Erfolgen. Die Unterzeichnung eines Forschungs- und Kooperationsabkommens mit der US-amerikanischen Lockheed-Martin-Gruppe wird dabei als wichtiger Schritt betrachtet. Die Rakete soll dem in der Entwicklung befindlichen US-Kampfflugzeug JSF F-35 angepasst werden. Norwegen hat sich als einziges europäisches Land bereits für den F-35 entschieden.

Ein weiterer Trumpf der Kongsberg-Gruppe sind Kamera- und Überwachungssysteme für die Observierung der See über und unter der Wasseroberfläche. Die norwegische Marine hat das unbemannte Unterwasserfahrzeug »Hugin« im Dienst, das auch bei NATO-Übungen eingesetzt wird.

Den Export von im nationalen Einsatz verwendeten Marineschiffen strebt auch die maritime Industrie des Landes an, die die norwegischen Seestreitkräfte mit Schiffen versorgt. Ihre Produkte sind jedoch weniger spezialisiert als die von Kongsberg und die hohen norwegischen Produktionskosten stellen ein Verkaufshindernis auf dem Waffenmarkt dar.

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