Absturz mit Ansage

Hansa Rostock muss sich nach dem Abstieg in die 3. Liga neu sortieren

  • Matthias Koch, Rostock
  • Lesedauer: 3 Min.

Eine neue Form des Jubels zeigten die Spieler des FC Ingolstadt nach dem 2:0-Erfolg beim FC Hansa Rostock. Im Moment des geschafften Aufstieges in die 2. Fußball-Bundesliga sprinteten die Bayern samt Trainer- und Betreuerstab einfach vom Platz und verzichteten auf jegliche Freudentänze vor ihren 70 mitgereisten Anhängern. »Das war aus Sicherheitsgründen. Man weiß nie, was passiert. Wir sind hier nicht zu Hause«, sagte der Ingolstädter Steven Ruprecht. »Wir konnten genauso gut in der Kabine feiern. Die Fans, die von uns dabei waren, sind meiner Meinung nach lebensmüde.«

Der schlechte Ruf der Rostocker Problemfans, die sich erneut Scharmützel mit Polizei und Ordnungskräften lieferten, hat sich nicht nur bis nach Bayern herumgesprochen. Viele Rostocker kamen wohl auch aus Angst vor den Chaoten unter den eigenen Anhängern am Montagabend nicht mehr ins Ostseestadion. Nur noch 15 000 Zuschauer wollten das zweite Relegationsmatch um den Platz in der 2. Liga sehen, in dem Hansa wegen der 0:1-Niederlage im Hinspiel ein Sieg mit zwei Toren Differenz benötigte.

Ingolstadt ließ sich von den schwachen Gastgebern aber nicht schrecken. Doppeltorschütze Fabian Gerber machte die Zukunft der mit rund neun Millionen Euro verschuldeten Rostocker noch unsicherer als sie es ohnehin schon war. Von den 18 Akteuren, die gegen Ingolstadt im Kader standen, sollen mit Dexter Langen, Kevin Pannewitz, Andreas Kerner, Marcel Schied und Felix Kroos nur fünf einen Vertrag für die 3. Liga besitzen. Pannewitz und Kroos werden allerdings auch mit Werder Bremen II in Verbindung gebracht.

Für die Fans scheint das kein Problem zu sein. »Außer Walke könnt ihr alle gehen«, ließen sie die Spieler schon während der zweiten trostlosen Halbzeit wissen. Torhüter und Publikumsliebling Alexander Walke umarmte den Tränen nahe nach dem Abpfiff einige Betreuer des Teams, die möglicherweise ihren Job verlieren.

Wie es in Rostock weitergeht, wusste auch am Tag nach dem Supergau niemand wirklich genau. Mannschaft und der zur Weiterarbeit bereite Trainer Marco Kostmann trafen sich zu Findungsgespräch mit dem in Kürze aus dem Amt scheidenden Vorstandsvorsitzenden Jörg Hempel in der Kabine. Trainiert wurde nicht.

In den kommenden Tagen soll sich ein neuer Vorstand formieren, dem laut Aufsichtsratschef Hans-Ulrich Gienke zwei haupt- und zwei ehrenamtliche Kräfte angehören sollen. Dieses Gremium wird dann über die Zukunft von Trainer Kostmann und dem in der Kritik stehenden Manager René Rydlewicz befinden, dessen bis 2011 laufender Vertrag durch den Abstieg seine Gültigkeit verloren hat. »Ich bin seit zehn Jahren beim FC Hansa. Das ist mit Abstand der traurigste Moment. Wir haben mit Sicherheit Fehler gemacht und in der Saison viel liegen lassen«, sagte Rydlewicz. »Und in der Relegation konnten wir uns in keinster Weise vom Drittligisten abheben.«

Auch in der 3. Liga ist Hansa wohl keine große Nummer mehr. Der 15-Millionen-Euro-Etat muss mindestens halbiert werden. Und unter den derzeitigen Voraussetzungen ist der Wiederaufstieg wohl nur ein Traum.

Erste Liga macht Bogen um den Osten

1. Bundesliga: Erstmals seit der Zusammenführung 1991 kein Klub aus den neuen Bundesländern oder Berlin im Oberhaus vertreten

2. Bundesliga: Hertha BSC, Energie Cottbus, 1. FC Union, Erzgebirge Aue

3. Liga: Carl Zeiss Jena, Rot-Weiß Erfurt, Dynamo Dresden, SV Babelsberg

Regionalliga: Chemnitz, Halle, Magdeburg, Plauen, Meuselwitz, Rostock II, TeBe Berlin, Türkiyemspor Berlin, RB Leipzig, Cottbus II

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.