Teurer Machtkampf

Die Unruhen in Thailand treffen besonders hart den Tourismussektor

  • Michael Lenz, Bangkok
  • Lesedauer: 3 Min.
Leere Hotelbetten, Rückgang bei Reisebuchungen, Kellner ohne Arbeit – die Tourismusbranche und deren Beschäftigte haben die Folgen der politischen Krise in Thailand zu tragen.

Das wird nach Naturkatastrophen oder anderen Krisen häufig gesagt: Die Wirtschaft nimmt Schaden. Was im Klartext heißt, dass Banken und große Firmen etwas weniger Profit machen. In Thailand wird in diesen Tagen des blutigen Machtkampfs sichtbar, dass auch die kleinen, ja die ganz kleinen Leute zur Wirtschaft gehören. Doch bei diesen hinterlässt der Einkommensverlust nicht nur eine unschöne Delle in der Bilanz, sondern wird zu einer existenziellen Frage.

Nop ist so einer. Sein Geld verdient der 32-Jährige normalerweise als Kellner in einer Bar auf der Silom Straße. Wegen der Unruhen, die diese Straße besonders in Mitleidenschaft gezogen hat, ist die Kneipe seit zwei Wochen zu und Nop hat keine Arbeit mehr. »Ich bin zu meiner Familie in die Provinz Singburi gefahren«, berichtet er am Telefon. »Hier habe ich wenigstens zu essen. Ob mein Job noch existiert, wenn ich wieder nach Bangkok komme, weiß ich noch nicht.«

So wie Nop geht es in diesen Tagen Vielen, die in Bangkok als Kellner, Taxifahrer, Masseure, Go-go-Girls und -Boys oder als Hotelangestellte arbeiten und wie die Rothemden aus der ärmsten Region Isaan im Nordosten stammen: Die Politkrise bedroht ihren Arbeitsplatz. Auf mindestens ein Prozent, schätzen Experten, werde Thailands Wirtschaftswachstum durch die bürgerkriegsähnlichen Ereignisse verzichten müssen. Und es kann noch mehr werden, denn noch sind die Unruhen nicht wirklich vorbei und die Kosten der Brandanschläge auf Banken, Regierungsgebäude sowie Bangkoks größte Shopping-Malls noch nicht bekannt. Investoren, so die Angst, könnten durch die zunehmend instabile Lage abgeschreckt werden.

Am härtesten betroffen ist der Tourismussektor, der mit einem Anteil von mehr als sechs Prozent am Bruttoinlandsprodukt die wichtigste Devisenquelle des südostasiatischen Landes ist. Der »Tourism Council of Thailand« rechnet mit einem Einbruch, der die Branche umgerechnet 300 Millionen Euro kosten wird. Befürchtet wird, dass bis 20 Prozent weniger Urlauber in diesem Jahr nach Thailand kommen werden. Schon in den vergangenen Wochen ist die Zahl der Ankünfte auf Bangkoks Flughafen Suvarnabhumi um mehr als 10 000 Passagiere pro Tag zurückgegangen.

Die Auslastung der Hotels in Bangkok liegt derzeit lediglich zwischen 10 und 25 Prozent. Das Luxushotel Hyatt Erawan, das im Zentrum des von den Rothemden besetzten Geschäftsviertels liegt, hat seit Wochen sogar eine Auslastungsrate von null Prozent. Dies trifft aber auch kleine preisgünstige Unterkünfte wie das »Vincent’s« in der Soi Ngam Duplee, dessen sieben Zimmer seit zwei Wochen leer stehen. Bei den Buchungen für den Juni sieht es mau aus.

Das nächtlich Ausgehverbot, das bis zum Wochenende über Bangkok sowie andere touristische und wirtschaftliche Zentren wie den Badeort Pattaya am Golf von Siam oder Chiang Mai im Norden, allesamt Hochburgen der Rothemden, verhängt worden war, fügt der siamesischen Volkswirtschaft und dem Ruf Thailands weiteren Schaden zu.

Die Regierung von Ministerpräsident Abhisit Vejjajiva arbeitet bereits an finanziellen Rettungspaketen für die Wirtschaft. In der Zentrale des Fremdenverkehrsamtes wird an Konzepten für Marketingkampagnen gefeilt, die das Vertrauen in das Reiseland Thailand wiederherstellen soll. Damit hat man seit der Besetzung der Flughafens von Bangkok im November 2008 schon einige Erfahrung. Aber ob es nutzt? Politische Beobachter sind sicher: die Rothemdentragödie war nicht der letzte Akt.

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