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  • Road to Africa – Teil 4

Fußball-WM feuert Wirtschaft an

Deutsche Firmen gehören zu den größten Investoren in Südafrika

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.

Wenn ab dem 11. Juni in Südafrika der Ball rollt, verdienen deutsche Unternehmen mit. Selbst Branchen profitieren, die auf den ersten Blick nichts mit Fußball zu tun haben – beispielsweise Schiffsreeder. »Deutsche Unternehmen nutzen das Fehlen von rund 15 000 Hotelbetten in Südafrika«, berichtet Marco Bargel, Chefvolkswirt der Postbank. »Sie schicken Kreuzfahrtschiffe in die Seehäfen der WM-Städte.« Ein Dutzend Traumschiffe soll während des Turniers vor Anker liegen und Fußballfans »mit gehobenen Ansprüchen« beherbergen.

Wie 2006 in Deutschland setzen die afrikanischen Veranstalter auf Fan-Meilen und Public-Viewing, öffentliches Mitfiebern auf Großleinwänden. Solche Events sind inzwischen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Davon profitieren vor allem ortsansässige Kleinunternehmer wie Getränkelieferanten, Metzger oder Vermittler von Sicherheitspersonal. Auch die Hersteller und Verkäufer von Elektronikartikeln hoffen – nicht allein am Kap – auf gute Geschäfte: Die WM ist die erste, die in HD-TV übertragen wird.

Die Investitionen für die WM summieren sich auf mehr als ein Prozent der inländischen Wirtschaftsleistung. Bei der WM 2006 im wirtschaftlich stärkeren Deutschland machten die Investitionen »nur« 0,3 Prozent aus. »In einem Schwellenland wie Südafrika sind die wirtschaftlichen Effekte eines sportlichen Großereignisses deutlich größer«, sagt Ökonom Bargel. Allein in Stadien und Infrastruktur wurden in Südafrika umgerechnet 2,8 Milliarden Euro investiert. In Deutschland waren sechs Milliarden Euro verbaut worden.

Fußballfans und Touristen sollen Südafrika, das ein Drittel zur Wirtschaftsleistung Afrikas beiträgt, einen zusätzlichen Wachstumsschub versetzen. Das Ministerium für Tourismus schätzt, dass von den drei Millionen Fans knapp eine halbe Million aus dem Ausland kommen wird, im Schnitt zwei Wochen bleibt und täglich etwa 800 Rand (75 Euro) ausgibt. So könnten sich die Umsätze bei Hotels, Fluggesellschaften und Restaurants auf fast 700 Millionen Euro summieren. Hinzu sollen 200 Millionen Euro von inländischen WM-Touristen kommen.

Bislang blieben die Anmeldezahlen jedoch hinter den Erwartungen zurück. So sollten ursprünglich Besucher auch auf der Insel Mauritius Quartier beziehen. Doch bei in- wie ausländischen Touristen hängt Entscheidendes vom Spielverlauf ab. Fußballfreunde buchen gerne kurzfristig und reisen »ihren« Mannschaften hinterher. So hoffen die WM-Organisatoren, dass die DFB-Auswahl lange im Turnier verweilt und dann viele zahlungskräftige Bundesbürger die Kreuzfahrtschiffe vor Anker bevölkern.

Deutschlands Wirtschaft ist einer der größten Investoren in Südafrika und der wichtigste Handelspartner nach China. »Es sind bereits 400 deutsche Unternehmen in Südafrika aktiv«, sagt Hans Meier-Ewert, Vorstand des Afrika-Vereins in Hamburg. Doch während das rote Reich vor allem Rohstoffe ausführt, lebt das Geschäft mit Deutschland hauptsächlich vom Automobil. Die großen Konzerne zwischen München und Wolfsburg beziehen Türen, Kotflügel und Motoren vom Kap.

Deutsche Unternehmen profitieren laut DIHK vor allem vom Ausbau der Verkehrswege und der Energieversorgung. Das Hamburger Architekturbüro Gerkan, Marg und Partner plante die WM-Stadien in Durban, Kapstadt und Port Elizabeth, die Siemens-Tochter Osram beleuchtet alle WM-Stadien, und MAN lieferte 110 Überlandbusse. Meier-Ewert: »Durch die Fußball-WM haben einige Unternehmen Südafrika erst entdeckt und Niederlassungen gegründet.« Ball und Rubel können also rollen.

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