Sterntaler an der Mühle
Im Hospiz Dudenhofen bei Speyer werden seit 2009 todkranke Kinder und ihre Eltern betreut
Dudenhofen. Es kann eigentlich nur deprimierend sein, schwer kranke Kinder zu pflegen, die bald sterben werden. Die Mitarbeiter des Sterntaler-Kinderhospizes in Dudenhofen bei Speyer (Rheinland-Pfalz) machen aber ganz und gar keinen deprimierten Eindruck. »Wir wollen hier auch Raum zur Freude und zum Lachen geben«, sagt Ursula Demmer, Vorsitzende des Sterntaler-Vereins.
In einer ehemaligen Mühle ist das Hospiz untergebracht. Es ist eines von gerade einmal neun stationären Kinderhospizen in ganz Deutschland – bei etwa 23 000 »lebensverkürzend erkrankten« Kindern und Jugendlichen. Die Mädchen und Jungen, die hier einen Platz bekommen, haben meist nicht mehr lange zu leben.
Im Hof des Hospizes stehen Dreiräder, Rutschautos und Fahrräder in allen Größen. Ein paar Meter weiter hängt ein Boxsack, falls sich mal jemand abreagieren muss. Im zentralen Therapieraum des Hospizes wird alles getan, dass sich die kleinen Patienten und ihre Familien möglichst wohlfühlen und entspannen können. Es gibt sogar einen kleinen Snoezelen-Raum: Lichter in allen Farben und Variationen, Vibrationen und Musik sollen für Entspannung sorgen.
Ein Stockwerk höher findet sich ein kleines Paradies für die Geschwister der kranken Kinder. Hier gibt es mehrere Spielecken und die verschiedensten Spiele bis hin zu einem Videospiel. »Hier können sich die Geschwister austoben, ohne mal Rücksicht auf ihren kranken Bruder oder ihre kranke Schwester nehmen zu müssen – hier stehen sie im Mittelpunkt«, erläutert Demmer.
Das Hospiz wurde 2009 eröffnet, zuvor waren Jahre mühsamer Planungen und Abstimmung mit den zuständigen Behörden vergangen. »Die hatten mit so etwas logischerweise auch noch keine Erfahrung«, sagt Demmer. Bis zu drei Kinder und ihre Familien können derzeit im Hospiz versorgt werden, und das rund um die Uhr. Eine Erweiterung des Hospizes soll noch in diesem Jahr starten. Danach sollen bis zu zwölf Kinder Platz finden. Der Ausbau der ehemaligen Mühle, die zuvor als Hotel und Restaurant genutzt worden war, wird fast ausschließlich über Spenden finanziert. Ein Ort der Erholung soll das Hospiz für die Familien sein. »Viele Familien mit schwer kranken Kindern fühlen sich isoliert und im Stich gelassen. Freunde ziehen sich zurück, weil nur noch ein Thema dominiert«, sagt Demmer. In dem Hospiz sollen sich die Eltern auch untereinander austauschen können. Das Hospiz ist deshalb auch als Ort der Begegnung angelegt. Platz bietet der verwinkelte frühere Gastraum der Mühle. »Hier kann man sich austauschen. Es wird aber niemand dazu gezwungen«, sagt »Herbergsvater« Tobias Fouquet.
Raus aus der Isolation
Isabelle Bohn aus dem pfälzischen Langwieden war mit Tochter Fabienne im April drei Wochen in Dudenhofen. »Es war eine schöne Zeit und wie Urlaub – für mich, aber auch für Fabienne.« Das 15 Jahre alte Mädchen ist geistig und körperlich mehrfach behindert und hat immer wieder Krampfanfälle. Auch Isabelle Bohn kennt eine »gewisse Isolation«, nicht jeder könne gleichgut mit der Behinderung ihrer Tochter umgehen. »Den Austausch mit anderen Eltern finde ich wichtig. Es ist interessant, wie andere damit umgehen. Da hat jeder seinen eigenen Weg.«
An diesem Tag ist nur ein unheilbar erkranktes Kind da. Das mehrfach behinderte Mädchen liegt friedlich in seinem Kinderwagen, seine Mutter füttert gerade die Schwester. Wenn das Hospiz einmal ausgebaut ist, soll es zwölf Pflegezimmer und neun Zimmer für die Familien geben. Aus einem Umkreis von etwa 150 Kilometern kommen schwer kranke Kinder und ihre Familien nach Dudenhofen. Wer einen Platz in dem Hospiz bekommt, hängt unter anderem von der Dringlichkeit des Falles ab.
Tabuisiert werden soll das Thema Sterben im Hospiz nicht. »Es ist besser, auch zum Beispiel mit den Geschwistern der Kinder über das Thema zu sprechen«, sagt Fouquet. Die Kinder spürten so oder so, dass etwas nicht in Ordnung sei. Der Verein Sterntaler, der auch einen mobilen Pflegedienst betreibt, hat nach den Worten Demmers bislang 38 Kinder bis zu ihrem Tod betreut. Leicht ist der Job nicht. »Es kommt immer mal wieder eine Pflegerin weinend in mein Büro«, erzählt Demmer.
Vier Millionen Euro
Warum gibt es nur neun Kinderhospize in Deutschland? »Sicher sind es die hohen Investitionen, die es schwierig machen, einen Investor zu finden«, sagt Rainer Rettinger vom Bundesverband Kinderhospize. Vier Millionen Euro koste die Errichtung eines Hospizes etwa. Da der laufende Betrieb nur zu etwa 40 Prozent von den Kostenträgern finanziert werde, brauche man zudem im Jahr etwa 1 bis 1,3 Millionen Euro an Spenden.
Eine extreme Unterversorgung kann der Verband in Deutschland aber nicht erkennen. »Es gibt sehr viele neue Initiativen, so dass wir derzeit eher davon ausgehen, dass der Bedarf mit den neuen Initiativen gedeckt ist«, sagt Rettinger.
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