Der Staat des Geldes

  • Robert Kurz
  • Lesedauer: 3 Min.
»Der Staat ist eine Maschine des Geldes, insofern er den äußeren Rahmen der Verwertung garantiert.«
»Der Staat ist eine Maschine des Geldes, insofern er den äußeren Rahmen der Verwertung garantiert.«

Kann der Staat durch sein Kommando die inneren Widersprüche der kapitalistischen Ökonomie außer Kraft setzen? Staat und Markt stehen sich zwar institutionell gegenüber. Aber sie haben eine gemeinsame Basis. Die Staatsmaschine muss ebenso finanziert werden wie die Kapitalinvestitionen oder der Kulturbetrieb. Deshalb bildet Geld ein übergreifendes Medium. Es ist der dingliche Ausdruck des »abstrakten Reichtums« (Marx) und nur deshalb allgemein, weil es den kapitalistischen Selbstzweck repräsentiert, aus einem Euro zwei zu machen.

Damit aber ist das Medium des Geldes an die Akkumulation von Kapital gebunden. Deren Arbeitssubstanz wiederum ist vom gesellschaftlichen Produktivitätsstandard abhängig, wie er von der Konkurrenz erzwungen wird. Daraus ergibt sich, dass der Staat die substanzielle Kapitalakkumulation zwar regulieren, aber nicht herbeizaubern oder gar ersetzen kann. Fehlt eine ausreichende autonome Kapitalverwertung, gibt es auch nichts mehr zu regulieren.

Der Staat ist eine Maschine des Geldes, insofern er den äußeren Rahmen der Verwertung garantiert. Gerade deshalb hat er kein Kommando über das Geld. Sein eigenes Geld kann er regulär nur aus einer Besteuerung der realen Mehrwertproduktion (Profite und Löhne) beziehen. Es ist irreführend, von staatlichen Investitionen zu sprechen, als wären diese ein Beitrag zum Wachstum. Wenn der Staat Straßen und Schulen baut oder Bildung und Forschung finanziert, dann ist das gesellschaftlicher Konsum, weil die Kaufkraft dafür zuvor von der realen Mehrwertproduktion abgezogen wurde. Das gilt auch für die Tätigkeit der Baufirmen, Bildungsträger etc., wenn sie durch Staatsausgaben finanziert wird. Sobald der Staat durch Anleihen Kredit aufnimmt, weil seine Einnahmen nicht ausreichen, ist er denselben Bedingungen unterworfen wie Unternehmen und Private. Allerdings setzt die Bedienung des Kredits (Zinsen und Tilgung) eine kapitalproduktive Anwendung voraus, die beim Staat nicht stattfindet. Es ist, als würden Unternehmen nicht Wert produzieren, sondern nur konsumieren. Deshalb hat Marx im 3. Band des »Kapital« die in Form von Wertpapieren gehandelten Staatsschulden als besondere, von vornherein illusorische Form des »fiktiven Kapitals« dargestellt.

Auch der staatliche Charakter der Notenbank als »letzte Instanz« der Geldschöpfung gibt dem Staat kein wirkliches Kommando über das Geld. Die Kompetenz der Notenbank ist rein formal, aber nicht substanziell. Ihre Geldschöpfung aus dem Nichts kann nur die reale Wertsubstanz der Kapitalakkumulation repräsentieren. Wird mehr Geld eingespeist, als es den wirklichen Wertverhältnissen entspricht, hat das die Entwertung des Geldes selbst zur Folge.

Das gilt natürlich erst recht, wenn sich der Staat nicht mehr den Bedingungen des Kredits unterwirft, sondern seine Notenbank anweist, ihm direkt Geld zu überweisen. Einerseits gehen die Staaten gegenwärtig überall in der Welt zu dieser verzweifelten Maßnahme über. Andererseits wollen sie die Konsequenzen durch rigide Sparpolitik eindämmen. Damit bewegen sie sich in einem zirkulären Widerspruch, der nur zu neuen Verwerfungen führen kann. Wenn sich Staats- und Marktversagen in immer kürzeren Abständen die Klinke in die Hand geben, verweist das auf die Krise des Mediums selbst. Das ist nur ein anderer Ausdruck dafür, dass die Produktivkräfte über die Form des »abstrakten Reichtums« hinausgewachsen sind. Daran blamiert sich die Staats- ebenso wie die Marktgläubigkeit.

In der wöchentlichen ND-Wirtschaftskolumne erläutern der Philosoph Robert Kurz, der Ökonom Harry Nick, die Wirtschaftsexpertin Christa Luft und der Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel Hintergründe aktueller Vorgänge.

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