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  • Sport
  • Fußballeuropameisterschaft 2016

Wieder mal verloren

Der türkische Präsident Gül warb vergeblich

  • Jan Keetman, Istanbul
  • Lesedauer: 3 Min.

»Wir haben wieder verloren ...« schrieb der türkische Nachrichtensender CNN Türk in der ersten Eilmeldung über die Entscheidung. Am Einsatz der höchsten politischen Ebene hatte es nicht gefehlt. Staatspräsident Abdullah Gül reiste nach Genf, um für die Türkei zu werben. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan ließ sich aus Brasilien zuschalten. Die Regierung hatte versprochen, 920 Millionen Euro in den Sport zu investieren.

Trotzdem war das Interesse an der Bewerbung in der Türkei selbst nicht sehr groß. Viele wussten gar nicht, dass da eine Entscheidung anstand: zu weit weg und zu unsicher, um die Gemüter zu erhitzen. Dabei mangelt es im Lande keinesfalls am Fußballfieber. Wer dem nicht ohnehin verfallen ist, für den gehört es zumindest zum guten Ton, einem Verein die Treue zu halten und natürlich der Nationalmannschaft.

Deren Mitglieder stehen bei Turnieren unter enormem Druck. Das Publikum begnügt sich nicht mit feiner Technik, es will vor allem Siege sehen. Ein nicht immer glänzender, aber kämpferischer Fußball entspringt daraus. Ein wenig auch ein deutscher Fußball.

Wenn das Interesse an der Entscheidung in Genf nicht so groß war, so hat das auch damit zu tun, dass die Fußballszene der Türkei durch ein »Wunder« abgelenkt ist. Überraschend hat Bursaspor den türkischen Titel gewonnen, nachdem die Istanbuler Vereine Fenerbahce, Galatasaray und Besiktas die Sache 27 Jahre lang unter sich ausgemacht hatten. Die von Christoph Daum trainierte Mannschaft von Fenerbahce verfehlte den Titel zwar nur um Haaresbreite, aber für Daum und sein Team kam das dem Absturz in ein schwarzes Loch gleich. Zu souverän stand Fenerbahce in den vergangenen Jahren an der Spitze, da war ein zweiter Platz hinter einem »Außenseiter« schon eine Niederlage.

Dabei drängen die anatolischen Vereine schon seit Jahren immer mehr nach oben. Neben Bursaspor sind es unter anderem die Vereine von Trabzon und Denizli, die den Istanbuler Aristokraten allmählich das Leben schwerer machen. Viele hoffen nun, dass eine Liga, in der auch die Spitzenreiter mehr kämpfen müssen, das Niveau des türkischen Fußballes insgesamt anheben wird. Wenn es erst sieben oder acht Vereine mit einem Jahresbudget wie die großen Istanbuler Vereine geben würde, hofft etwa die liberale Intellektuellenzeitung Radikal, »dann sind wir ein großes Fußballland.«

Sicherlich hätte auch eine in der Türkei ausgetragene Europameisterschaft den türkischen Fußball weiter nach vorne gebracht. Doch bei den Europäern, die sich ja ohnehin mit der Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU so schwer tun, haben die Türken wieder verloren. Immerhin diesmal erstaunlich knapp. Vielleicht ist dies ja ein Ansporn es in vier Jahren mit einer Bewerbung für 2020 noch ein viertes Mal zu versuchen.

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