Arm, ausgegrenzt und stigmatisiert

Zum Internationalen Kindertag: In Deutschland stellen Kinder weiter das größte Armutsrisiko dar

  • Sabine Zimmermann
  • Lesedauer: 3 Min.
Sabine Zimmermann ist arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linksfraktion.
Sabine Zimmermann ist arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linksfraktion.

In Deutschland müssen nach wie vor viele Kinder in ärmlichen Verhältnissen aufwachsen. Korrekt formuliert ist es natürlich nicht die Armut der Kinder, sondern die Armut ihrer Eltern, resultierend aus den fehlenden Beschäftigungsmöglichkeiten und dem in den letzten Jahren stetig gewachsenen Niedriglohnbereich.

Zur Eindämmung der Kinderarmut gab es in den letzten Jahren viele Willensbekundungen seitens der Bundesregierung, doch geholfen wurde den Kindern und ihren Eltern nicht. Nach wie vor besteht der gesellschaftliche Skandal, dass Kinder das größte Armutsrisiko in Deutschland sind.

Laut einem Report des deutschen Kinderhilfswerks gelten 14 Prozent aller Kinder als arm. Ende 2009 waren bundesweit 1,75 Millionen Kinder (unter 15) auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen bzw. lebten in einer Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaft – das waren rund 15 000 Kinder mehr als ein Jahr zuvor. Diese Zahlen spiegeln wider, dass einerseits die Massenarbeitslosigkeit und andererseits der zunehmende Niedriglohnbereich sowie der damit verbundene ergänzende Bezug von Hartz IV die Lebenschancen von Kindern ganz erheblich mindern. Armut in Kindertagen ist prägend für das spätere Leben und wirkt wie eine Rutschbahn nach unten. Höhere und chancenreiche Bildung bleibt armen Kindern im Regelfall immer noch verschlossen. In der Gruppe der Gleichaltrigen werden sie oft ausgegrenzt und stigmatisiert.

Besonders armutsanfällig sind Alleinerziehende. Ende vergangenen Jahres lebten 643 827 Alleinerziehende von Hartz-IV-Leistungen. Die Gründe dafür sind, dass sie häufig einer schlecht bezahlten beruflichen Tätigkeit nachgehen, in Teilzeit arbeiten oder arbeitslos sind. Laut einer Befragung der Bundesregierung möchte aber deutlich mehr als die Hälfte der Alleinerziehenden Vollzeit arbeiten. Dazu kommt, dass sie im Durchschnitt über eine bessere berufliche Qualifikation verfügen als andere Hilfebedürftige. Warum klappt es dann am Arbeitsmarkt nicht? Viele Arbeitgeber scheuen sich, Alleinerziehende einzustellen, da sie befürchten, dass die Kinder ihre Arbeitskraft mindern würden, etwa wenn die Mutter bei Krankheit ihres Kindes zu Hause bleiben muss.

Das Schlüsselproblem ist die unzureichende Kinderbetreuung, die ab dem ersten Lebensjahr der Kinder aber gewährleistet sein muss. Vor allem fehlen die Betreuungsangebote in den sogenannten Randzeiten, vorwiegend in den Abendstunden. Vor diesem Hintergrund wäre es unverantwortlich, wenn die Bundesregierung von ihrem Vorhaben, die Kinderbetreuung auszubauen, im Rahmen eines kopflosen Sparkurses abrücken würde. Die Alleinerziehenden müssen mehr in den Fokus der Arbeitsmarktpolitik genommen werden.

Die Bundesregierung muss endlich damit beginnen, die Kinderarmut wirkungsvoll zu bekämpfen. Dazu gehört, dass das soziale System bei Hilfebedürftigkeit wirklich existenzsichernd gestaltet wird, sowohl für die Eltern als auch ganz speziell für die Kinder. Diese sind eben keine »kleinen Erwachsenen«, für die einfach pauschal ein Prozentsatz der Hartz-IV-Leistungen für Erwachsene angesetzt werden kann, wie es auch das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat. Insbesondere muss dem Lohndumping vieler Arbeitgeber durch die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes endlich der Garaus gemacht werden, um den Bezug ergänzender Hartz-IV-Sozialleistungen zu beenden.

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