Gesichter der Diaspora
Alain Mabanckou:
Es ist der erste Roman des 1966 in Brazzaville, Kongo, geborenen Autors Alain Mabanckou seit er vor vier Jahren für »Mémoires de porc-épic« mit dem Prix Renaudaut ausgezeichnet wurde – auf Vorschlag von Nobelpreisträger Jean-Marie Le Clézio. »Black Bazar« schildert den Alltag der Einwanderer in Paris. Hauptfigur ist ein als »Arschologe« bezeichneter Taugenichts, der auf weibliche Hinterteile spezialisiert ist. Entgegen dem Trend mancher Immigranten in Paris, im Paarungsverhalten eine Aufhellung der Haut der Nachkommenschaft zu erreichen, lässt sich der junge Held mit einer tiefschwarzen Halb-Französin ein. Das Kind, das daraus entspringt, wandelt den sorglosen Streuner zum verantwortungsvollen Vater.
Diese Story gibt den Rahmen für Szenen, um die es in »Black Bazar« vorrangig geht. Mabanckou zeigt auf diesem Jahrmarkt schwarzer Lebensweisen, dass es unter den Einwanderern beileibe keine uneingeschränkte Solidarität gibt. Vielmehr gilt die Übernahme europäischer Vorurteile geradezu als Integrationsmerkmal. Afrikaner seien faul, laut, unzuverlässig und dumm, lautet die Meinung eines Martiniquers, der auf seine weniger dunkle Haut stolz ist Als Befreiungstheoretiker entpuppt sich stattdessen ein Nordafrikaner, der in seinem Laden Aimé Césaire und Frantz Fanon zitiert. Überhaupt sprechen aus »Black Bazar« zahlreiche Vertreter des Postkolonialismus, und schon die Einleitung kündet von Mabanckous Belesenheit, die auch Günter Grass und Leo Frobenius einschließt.
In salopper Sprache, im Stil mündlicher Rede und einer visuellen »Short cuts«-Technik verdeutlicht Mabanckou, dass längst nicht mehr von kulturellen Einheiten gesprochen werden kann. Das beste Beispiel liefert er selbst, der, nach Jahren in Frankreich, zunächst in Michigan französische Literatur unterrichtete und seit 2006 in Kalifornien einen Lehrstuhl innehat. So lebt dieser Autor ein Weltbürgertum, das die ökonomische, politische Globalisierung um ihre kulturelle Note ergänzt.
A. Mabanckou: Black Bazar. Aus dem Franz. von Andreas Münzner. Liebeskind. 271 S., geb., 19,80 €.
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