Ist BP von Russland zu helfen?

Die Mini-U-Boote MIR haben Einsatzerfahrung in großen Gewässertiefen

  • Irina Wolkowa, Moskau
  • Lesedauer: 3 Min.
Beim Kampf gegen die Ölpest im Golf von Mexiko könnte vielleicht russische Weltraumtechnik helfen.

Eigentlich bereiten sich die Steuerleute der MIR-Kapseln auf die nächste Expedition zum Baikalsee vor. Doch statt zum weltweit größten Süßwasserreservoir, das stellenweise über 1900 Meter tief ist, könnte die Reise in den Golf von Mexiko gehen. Der BP-Konzern, hier immer noch mit dem leckenden Bohrloch kämpfend, scheint mit seinem Latein am Ende zu sein und sucht im Kampf gegen die Ölpest nun Hilfe bei Moskau.

Was Glocken und Abdichtungsversuche mit Schlamm und Beton nicht brachten, sollen jetzt russische Tiefsee-Tauchkapseln richten, denen der Rest der Welt derzeit nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen hat: MIR 1 und MIR 2 sind Produkte der Weltraumforschung. Ihr Gehäuse besteht aus einer martensitischen Legierung von Edelstahl, Kobalt und Titan und kann daher jenen enormen Drücken standhalten, die in Tiefen von bis zu 6000 Meter herrschen. 7,8 Meter lang, 3,6 Meter breit und drei Meter hoch, bieten diese Kapseln drei Personen Platz, die durch Bullaugen aus bleiverstärktem Glas einen Blick in die Tiefsee werfen und mit Hilfe eines Greifers Proben vom Meeresboden sammeln können.

Eben dieser Greifer rammte im August 2007 in 4600 Meter Tiefe eine russische Trikolore aus Titan in den Gebirgsrücken unter dem geografischen Nordpol, um Moskaus Anspruch auf die dortigen Gasfelder zu bekräftigen.

Dieses Husarenstück machte die 18,8 Tonnen schweren Mini-U-Boote mit einer Höchstgeschwindigkeit von fünf Knoten pro Stunde bekannt – offenbar auch in London. Zumindest inoffiziell soll der britische BP-Konzern Kontakte mit dem Institut für Ozeanografie der Russischen Akademie der Wissenschaften bereits aufgenommen haben; diesem gehören die Kapseln und das Forschungsschiff »Akademik Mstislaw Keldysch«, auf dem sie stationiert sind. Offizielle Verhandlungen können allerdings erst beginnen, wenn die USA, in deren Hoheitsgewässern die Unglücksplattform liegt, sich offiziell mit einem Hilfe-Ersuchen an Moskau wenden.

Angesichts der geringen Tiefe von 1500 Meter hält MIR-1-Steuermann Jewgeni Tschernjajew einen Einsatz am Ölbohrloch im Golf von Mexiko für ein höchst chancenreiches Vorhaben. Er regt eine gemeinsame Expedition an. »Wir können mit den Kapseln umgehen, die Briten haben die technische Dokumentation der Plattform und wissen, wie sich das Öl verhält«, sagte er dem russischen Dienst des US-Senders »Radio Liberty«.

Weil die Kapseln eigentlich für militärische Zwecke entwickelt wurden, tat Moskau sich mit deren Einsatz im Ausland bisher schwer. BP und Washington hätten mit einem offiziellen Antrag aber wohl gute Karten: Das Öl tritt ausgerechnet dort aus, wo sich der Golfstrom bildet. Die warmen Wassermassen, so fürchten Wissenschaftler, könnten das Öl bis zu 10 000 Kilometer weit nach Norden und Nordosten spülen. Schon zu Sommer-Ende könnte es auch die russische Arktis erreichen. Es könnte die bisher schlimmste Umweltkatastrophe in dieser Region werden.

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