Solidarität ja – Sanktionen nein!

  • Niema Movassat
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Autor wurde 1984 als Sohn iranischer Eltern in Wuppertal geboren und gehört der Bundestagsfraktion der LINKEN an.
Der Autor wurde 1984 als Sohn iranischer Eltern in Wuppertal geboren und gehört der Bundestagsfraktion der LINKEN an.

Vor einem Jahr, am 12. Juni 2009, fanden im Iran die Präsidentschaftswahlen statt, aus denen der Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad laut offiziellen Angaben als Sieger hervorging. Zahlreiche sehr berechtigte Vorwürfe des Wahlbetrugs führten zu Protesten Hunderttausender Menschen. Seit der Revolution 1979 hat es solche Massendemonstrationen im Land nicht mehr gegeben. Die Unzufriedenheit über die sozialen Probleme, insbesondere die massive Arbeitslosigkeit, die Perspektivlosigkeit der Jugendlichen und die desolate Menschenrechtslage waren schon vorher da. Der Wahlbetrug war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte und die Menschen auf die Straße trieb.

Der Mut und die Entschlossenheit der Demonstranten gehören gewürdigt – immerhin standen sie einem brutalen Repressionsapparat gegenüber. Viele Menschen wurden verhaftet und die Proteste von den Revolutionsgarden niedergeschlagen. Oppositionelle erhielten Morddrohungen und wurden zum Tode verurteilt.

Laut Amnesty International wurden seit der Wahl mindestens 5000 Menschen festgenommen. Hunderte politische Gefangene befinden sich derzeit in den Gefängnissen Teherans, oft in völliger Isolation, und werden misshandelt. Und während der Demonstrationen im Dezember gab es erneut Opfer. Die Meinungs-, Versammlungs-, und Vereinigungsfreiheit werden weiterhin massiv eingeschränkt.

Bei der Unterstützung derjenigen Kräfte im Iran, die dort für Demokratie kämpfen, sind die westlichen Regierungen, die vorgeben, sich ebenfalls für »mehr Demokratie« im Iran einzusetzen, allerdings keine Bündnispartner. Ihr Ziel ist nicht die Selbstbestimmung der IranerInnen, sondern ein prowestliches Regime und der Zugang zu den reichen Rohstoffreserven. Der Iran hat die zweitgrößten Vorräte an Erdöl auf der Welt – in einer Zeit, in der dieses ein immer knapperes Gut wird.

Im Sinne einer friedenspolitischen Position ist es daher unabdingbar, dass jede Solidaritätserklärung auch ein klares »Nein« zu Kriegs- und Sanktionsdrohungen beinhaltet. Da der Iran nicht gegen den Atomwaffensperrvertrag verstoßen hat, ist die momentane Diskussion um Sanktionen völlig unangebracht. Auch wenn man generell gegen Atomkraft ist, wie es fortschrittliche Bewegungen sind, muss man festhalten: Als Unterzeichner des Atomwaffensperrvertrages ist es dem Iran wie jedem anderen Staat nach dem Völkerrecht erlaubt, Atomtechnologie friedlich zu nutzen – was auch bedeutet, dass der Iran das Recht hat, im eigenen Land Uran anzureichern.

Doppelstandards sind abzulehnen, sie widersprechen dem Völkerrecht und führen zum Recht des Stärkeren. Vor zwei Wochen hat der Iran nach Verhandlungen mit Brasilien und der Türkei angeboten, sein Uran nicht im eigenen Land, sondern in der Türkei und selbstverständlich unter Aufsicht der Atomenergiebehörde anreichern zu lassen. Das war ein Kompromissangebot seitens des Iran und hätte den Konflikt um das Atomprogramm lösen können.

Doch anstatt auf das Angebot einzugehen, haben die westlichen Regierungen über den UN-Sicherheitsrat neue Sanktionen durchgesetzt. Diese Sanktionen werden vor allem die Bevölkerung im Iran treffen. Der Westen, auch Deutschland, hat gezeigt, dass es ihm offensichtlich nicht um die Beilegung des Konfliktes geht, sondern darum, den Iran weiter zu isolieren und die Eskalation anzuheizen.

Der UN-Sicherheitsrat hat sich letztlich gegen das Völkerrecht gestellt, nicht der Iran. Das Ziel muss die Abschaffung aller Atomwaffen weltweit sein, wie es der Atomwaffensperrvertrag vorsieht. Das betrifft neben den offiziellen Atommächten insbesondere Israel. Nur so werden die Sicherheitsinteressen aller Staaten der Region – auch die des Iran – ausreichend berücksichtigt und Frieden ermöglicht.

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