Gentechnikgesetz wird verhandelt

Gegner fürchten Risiken und Folgekosten

  • Antje Stiebitz
  • Lesedauer: 3 Min.
Am 23. Juni wird der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe einen Normenkontrollantrag der Landesregierung Sachsen-Anhalt zum Gentechnikgesetz verhandeln.

Am Mittwoch luden der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), der Deutsche Berufs- und Erwerbsimker Bund (DBIB), der Ökologische Imkerverein Mellifera und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) in Berlin ein, um eine Einschätzung abzugeben: Es geht um die Prüfung des Gentechnikgesetzes durch das Karlsruher Bundesverfassungsgericht. Die Landesregierung Sachsen-Anhalts hat gegen die Bundesregierung geklagt. Sie will die Vereinbarkeit von Bundesrecht mit dem Grundgesetz prüfen lassen.

Der Antrag Sachsen-Anhalts sei deshalb überraschend, äußert der Rechtsanwalt Georg Buchholz, weil man erwarten würde, dass eine Regierung alle Bürger vertritt. Doch in diesem Fall vertrete sie nur die Seite der Gentechnik-Nutzer.

Sachsen-Anhalt hatte die Klage bereits 2005 eingebracht. Es sieht die Berufsfreiheit und den Eigentumsschutz der Gentechnik-Anwender vor allem durch die Haftungsregelungen und die Regelungen zum Standortregister gefährdet. Das Land ist der Ansicht, dass das Gesetz nicht vor wirtschaftlichen Nachteilen durch den Gentechnikanbau schützen müsse. Bauern, die gentechnikfrei wirtschaften wollen, so die Landesregierung, müssen eine Verunreinigung durch gentechnisch veränderte Organismen hinnehmen.

Doch nach Ansicht der Verbände weist schon das bestehende Gesetz Lücken auf. Beispielsweise würden die Interessen der Imker im Gentechnikgesetz nicht berücksichtigt. »Uns wird vorgegaukelt, dass wir kein Problem haben, aber wir sind in existenzieller Weise bedroht«, erklärt Thomas Radetzki vom DBIB, »unsere Bienen bringen die Pollen mit und kontaminieren damit den Honig.« Doch die Kunden wollten einen genfreien, naturbelassenen Honig. Radetzki fordert ein Gentechnikregister, damit Imker ihre Bienenstöcke abseits gentechnisch veränderter Anpflanzungen aufstellen können. Ein solches Register würde es auch ermöglichen, Verunreinigungen in der Lebensmittelkette zurückzuverfolgen.

Doch ein Standortregister, das Flächen mit gentechnisch veränderten Pflanzen ausweist, wird von Sachsen-Anhalt ebenfalls angegriffen. Es schränke das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein, so fürchtet das Land.

Für die Lebensmittelwirtschaft, erklären die Verbände, sei die Gentechnik vor allem mit Kosten für Qualitätsicherungsmaßnahmen verbunden. Regelmäßige Analysen (ob ein Produkt gentechnikfrei sei) verteuerten die Produktion um rund zehn Prozent. »Diejenigen, die die Gentechnik nutzen, müssen endlich für deren Risiken und Folgekosten geradestehen«, fordern die Verbände. Nach wie vor fehle in entscheidenden Bereichen die Verursacherhaftung. Damit würden diejenigen, die auf gentechnikfreie Lebensmittel setzten, massiv benachteiligt.

Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf von der AbL ist der Meinung, dass die Klage Sachsen-Anhalts keine Chance hat. »Die Bevölkerung ist mehrheitlich gegen gentechnisch veränderte Lebensmittel, und das Bundesverfassungsgericht greift oft die Stimmung der Bevölkerung auf.«

Am 23. Juni wird die Klage vom Ersten Senat des Bundesverfassungsgericht mündlich verhandelt. Die Verbände rechnen in zwei bis vier Monaten mit der gerichtlichen Entscheidung.

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