Gigantische Schuldenreduktion

Japanische Regierung will ausgeglichenen Haushalt erreichen

  • Daniel Kestenholz
  • Lesedauer: 2 Min.
Japan steckt seit vielen Jahren in einer Spirale aus Deflation, wirtschaftlicher Stagnation und explodierender Verschuldung. Die neue Regierung in Tokio möchte die Wende schaffen.

Japan, die mit 200 Prozent des Bruttoinlandsproduktes am höchsten verschuldete Industrienation der Welt, will mit dem Abbau der gigantischen Schuldenlast beginnen. Bis März 2020 strebt die Regierung zunächst einen ausgeglichenen Haushalt an. Um das ehrgeizige Ziel zu erreichen, sollen das Steuersystem umfassend reformiert, das Wachstum angekurbelt, die Deflation gedrosselt und die Ausgabe von Staatsanleihen begrenzt werden.

Die Jahresausgaben im Budget werden über die nächsten drei Jahre von gegenwärtig 96 Billionen auf 71 Billionen Yen (etwa 780 Milliarden US-Dollar) beschränkt. Die überstrapazierten Staatskassen soll vorab eine Steuerreform entlasten, die politisch riskant ist, weshalb die Regierung unter dem neuen Premierminister Naoto Kan mit konkreten Beschlüssen bis nach den kritischen Parlamentswahlen am 11. Juli wartet, bei denen das Oberhaus in die Hand der oppositionellen Liberaldemokraten fallen könnte.

Bereits als Finanzminister hatte sich Kan für eine Erhöhung der Mehrwertsteuer ausgesprochen. Darüber hinaus soll die im internationalen Vergleich hohe Unternehmenssteuer von derzeit rund 41 Prozent deutlich auf 25 Prozent gesenkt werden. In ihren Grundsätzen scheint Japans Budget- und Fiskalkur bereits beschlossen. Nach Umfragen sollen auch 48 Prozent der Wähler eine Verdoppelung der Mehrwertsteuer auf zehn Prozent befürworten.

Die Probleme in Europa scheinen der neuen politischen Führung Japans vor Augen geführt zu haben, dass die Zeit zum Handeln gekommen ist. Einem Strategiepapier der regierenden Demokraten zufolge scheint Tokio zur Einsicht gelangt, dass rigoroser Defizitabbau der einzige Weg ist, eine Fiskalkrise von griechischem Ausmaß zu vermeiden. Fast die Hälfte von Japans Budget wird derzeit durch neue Kredite bestritten, wobei die Milliarden praktisch ausnahmslos im eigenen Land aufgenommen werden.

Die Ratingagentur Fitch wartet auf genauere Details zur Durchführbarkeit der ehrgeizigen Pläne, oder Japan, so hieß es, riskiere eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit. Moody's bewertet Japan weiter mit dem dritthöchsten Investitionsgrad wie Hongkong und Italien. Unter den G7-Staaten sind Japan und Italien die einzigen, die von Moody derzeit nicht die beste Bonitätsnote erhalten. Aus Kans Kabinett hieß es, Priorität habe, das Vertrauen von Investoren wiederherzustellen. Finanzminister Yoshihiko Noda erklärte dazu wenig konkret, die Ziele würden durch »Reformen von Ausgaben und Einnahmen« erreicht.

Als Hoffnungsschimmer für die Durchsetzbarkeit der ehrgeizigen Regierungspläne wirkt die deutlich bessere Wachstumsprognose. Die Regierung in Tokio hat diese für das am 31. März endende Fiskaljahr von bislang erwarteten 1,4 Prozent deutlich auf 2,6 Prozent angehoben. Das unverhofft schnellere Wachstum des Bruttoinlandsprodukts würde die höchste Steigerung seit zehn Jahren bedeuten. Japan hat dies der Erholung der Weltwirtschaft und anhaltenden Konjunkturpaketen zu verdanken.

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