Deutschland gewinnt den Klassiker
DFB-Elf besiegt England im Achtelfinale klar mit 4:1 / Großer Wirbel um »Wembley-Tor«
In einem Spiel für die Geschichtsbücher hat die deutsche Fußball-Nationalmannschaft das Viertelfinale der WM in Südafrika erreicht. Die DFB-Auswahl demütigte den Erzrivalen England in einer packenden und dramatischen Begegnung mit 4:1 (2:1) – doch die höchste Niederlage in der englischen WM-Geschichte wurde beinahe überlagert von einer unfassbaren Fehlentscheidung des Schiedsrichters: England wurde ein klares Tor von Frank Lampard verweigert, es wäre der Ausgleich zum 2:2 gewesen in einer für die Deutschen sehr kritischen Phase.
Miroslav Klose hatte die deutsche Mannschaft nach zögerlicher Anfangsphase zunächst mit seinem 50. Länderspieltreffer in Führung gebracht, Lukas Podolski mit dem 40. Tor im Nationaltrikot auf 2:0 erhöht. Nach dem Anschlusstreffer fast aus heiterem Himmel von Matthew Upson erzielte Lampard mit einem 17-Meter-Schuss den zweiten Treffer für England – der Ball sprang von der Unterkante der Latte einen halben Meter hinter die Linie (38.).
Schiedsrichter Jorge Larrionda aus Uruguay, ganz besonders jedoch sein Assistent Mauricio Espinosa waren offenbar die beiden einzigen Menschen im Stadion von Bloemfontein, die das »spiegelverkehrte Wembley-Tor« nicht gesehen hatten. »Das ist ein unverzeihlicher Fehler. Das muss der Assistent sehen«, sagte der frühere Referee Hellmut Krug in der Halbzeit. Er betonte aber: »Das war kein Wembley-Tor, der Ball war ganz klar hinter der Linie.« Dennoch erinnerte die Szene stark an das WM-Finale 1966.
Nach der kuriosen Szene drohte das Spiel zu kippen. Die Engländer drückten mit aller Macht auf den Ausgleich, im deutschen Strafraum ging es zum Teil drunter und drüber, Lampard hatte auch noch mit einem Freistoß an die Latte Pech (52.). Die deutsche Elf hatte Glück, behielt aber die Nerven und konterte die »Three Lions« vor 40 510 Zuschauern zweimal mit einem Doppelschlag von Thomas Müller eiskalt aus: Beim 3:1 kam der Pass von Bastian Schweinsteiger, beim 4:1 von Mesut Özil.
Ehe sich gegen Ende der ersten Halbzeit die Ereignisse zum ersten Mal überschlugen, hatte die deutsche Mannschaft nach einer nervösen Anfangsphase die Begegnung gut in den Griff bekommen. Die DFB-Auswahl wirkte entschlossener und aktiver, lief sich allerdings immer wieder in der englischen Abwehr fest. Erst ein katastrophaler Stellungsfehler der Engländer führte zur deutschen Führung: Nach einem weiten Abschlag von Neuer setzte sich Klose gegen John Terry durch und beförderte den Ball im Fallen an Torwart David James vorbei ins Netz. Für Klose war es in seinem 99. Länderspiel der 50. Treffer, zudem das 12. Tor bei seiner insgesamt dritten WM-Teilnahme – er zog damit mit Pele gleich.
Die Engländer wirkten zusätzlich eingeschüchtert und Podolski traf nach Zuspiel von Müller aus spitzem Winkel. Das 40. Länderspieltor des Kölners war erneut von der schlechten Abwehrarbeit der Engländer begünstigt. In der 37. Minute baute die deutsche Mannschaft die bis dahin schwachen Engländer allerdings unnötig wieder auf. Boateng sprang bei einer Flanke nicht hoch, Neuer kam nicht entschlossen genug heraus, Upson köpfte zum 1:2 ein. 60 Sekunden nach dem Wiederanpfiff folgte dann die Szene, über die wohl ähnlich wie beim »Wembley-Tor« noch lange gesprochen werden wird.
Das Pech der Engländer war das Glück der Deutschen, die in der Schlussphase der ersten und lange Zeit in der zweiten Halbzeit doch arg ins Wackeln kamen. Am Ende trat die deutsche Mannschaft aber entschlossener und aggressiver auf. Besonders Müller, Schweinsteiger und Özil stellten die englischen Stars in den Schatten. England war eher enttäuschend. Gerrard, Rooney, Lampard waren kaum zu sehen. England wirkte behäbig, ohne Ideen und zudem in der Abwehr wackelig.
Deutschland: Neuer - Lahm, Mertesacker, Friedrich, Boateng - Khedira, Schweinsteiger, Müller (72. Trochowski), Özil (83. Kießling), Podolski - Klose (72. Gomez).
England: James - Johnson (87. Wright-Phillips), Upson, Terry, A. Cole - Barry, Milner (64. J. Cole), Lampard, Gerrard - Rooney, Defoe (71. Heskey).
Tore: 1:0 Klose (20.), 2:0 Podolski (32.), 2:1 Upson (37.), 3:1 Müller (67.), 4:1 Müller (70.). Schiedsrichter: Larrionda (Uruguay). Zuschauer: 40 510.
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