FIFA bleibt blind und stumm

Weltverband erteilt Videobeweis und Chip im Ball weiter Absage

  • Arne Richter, dpa
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Fußballwelt ist wütend über die skandalösen Schiedsrichterfehler bei der WM, doch an der FIFA und ihrem Präsidenten Joseph Blatter prallt jede Kritik ab: Auch nach den Pannen in den Achtelfinals von Bloemfontein und Johannesburg mit »Torklau« und gegebenem Abseitstreffer gingen die WM-Bosse auf Tauchstation statt sich der entbrannten Debatte über Videobeweis und Chip-Ball zu stellen. »Wir kommentieren die Entscheidungen der Schiedsrichter nicht«, sagte FIFA-Pressesprecher Nicolas Maingot.

Diskussionen über technische Hilfsmittel stehen während der WM ohnehin auf dem FIFA-Index. Der Fair-Play-Gedanke wird in zahlreichen Kampagnen des Weltverbands groß geschrieben, aber bei den vielen Fehlentscheidungen nicht beherzigt. Dabei fordern Trainer, Spieler und Funktionäre überfällige Reformen.

Das für gültig erklärte Abseitstor der Argentinier gegen Mexiko flimmerte über alle Stadionleinwände. Die Schiedsrichter wurden durch diesen Fauxpas öffentlich vorgeführt, aber die FIFA steuert weiter stumm auf Schlingerkurs. Einzige Maßnahme ist eine Überprüfung der Video-Einspielungen im Stadion. Dort dürfen strittige Szenen nicht für die Besucher wiederholt werden. »Da ist ein Fehler passiert. Wir wollen sicherstellen, dass dies nicht mehr geschieht«, kommentierte Maingot die öffentlich gezeigte Zeitlupe, nicht aber den Patzer des Referees.

Hinter den Kulissen dürfte Blatter angesichts des PR-Pleite toben. Vor eine Kamera stellten sich der Schweizer oder sein Schiedsrichterkommissions-Chef Angel Maria Villar Llona aber nicht. Und die Referees selbst dürfen ihre Leistungen nicht kommentieren.

Andere sprechen derweil Klartext. »Wir würden den Chip im Ball bevorzugen. Mit diesem technischen Hilfsmittel wären menschliche Fehler auszuschließen«, sagte DFB-Schiedsrichterlehrwart Eugen Strigel. Auch der ehemalige Bundesliga-Referee Markus Merk machte sich für ein »elektronisches Auge« stark. »Niemand möchte solche klaren Fehlentscheidungen sehen. Das ist nicht mehr zeitgemäß«, sagte Merk. Schalke-Trainer Felix Magath ist ebenfalls Fan des Videobeweises: »Ich fürchte aber, ich werde ein Umdenken der FIFA in dieser Angelegenheit nicht mehr erleben.«

Was in anderen Sportarten längst gut praktizierter Alltag ist, erscheint im konservativ geführten Fußball schwer umsetzbar. Obwohl zwei Dutzend Kameras alle WM-Spiele in die Wohnzimmer der Welt übertragen, müssen sich die Schiedsrichter weiter auf ihre eigenen Augen verlassen.

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