Ohne Gedanken an Betrüger
Radprofi Johannes Fröhlinger vor dem Start der 97. Tour de France
ND: Wie geht es Ihnen so kurz vor dem Saisonhöhepunkt?
FRÖHLINGER: Gut. Ich bin mit steigender Form nach Rotterdam gekommen und warte, dass es endlich los geht.
Mit welchen Ambitionen gehen Sie in diese Tour?
Nach einem dritten Platz bei einer Touretappe im Vorjahr ist mein Traum ein Etappensieg. Ich werde mein Glück vor allem in Ausreißergruppen suchen.
Werden Sie auf eigene Faust auf Etappenjagd gehen oder Kapitän Linus Gerdemann unterstützen?
Ich habe in erster Linie Helferaufgaben. Natürlich werde ich Linus unterstützen, wenn er noch gute Aussichten auf das Gesamtklassement hat. Wir werden das von Tag zu Tag entschieden. Wenn sich eigene Chancen ergeben, will ich die jedoch auch nutzen.
Ihnen wurde immer ein großes Talent attestiert. Doch seit zwei Jahren stagniert Ihre Leistung. Woran liegt das?
Ich sehe das nicht so. Klar, 2010 war bislang nicht so gut, doch ich habe mich in den letzten drei Jahren kontinuierlich weiterentwickelt. Früher hatte ich vielleicht bessere Ergebnisse, aber bei kleineren Rennen. Nun habe ich mein Rennprogramm umgestellt.
Drei Wochen sind eine lange Zeit. Was haben Sie mitgenommen, um die Langeweile in den Hotelzimmern zu vertreiben?
Ich habe zwei Bücher eingesteckt, »Mond über Manhattan« von Paul Auster und »So viel Zeit« von Frank Goosen. Zum Lesen werde ich aber wohl nur in der ersten Woche kommen. Man ist abends lange mit Massagen und Essen beschäftigt – und erschöpft.
Stimmt es, dass Sie nach der Radsportkarriere Journalist werden wollen?
Ich würde gern Medienwissenschaften studieren und als Journalist arbeiten. Die Radsportkarriere ist irgendwann definitiv vorbei.
Was würde der Journalist Fröhlinger über den Fahrer Fröhlinger schreiben?
Das ist gar nicht so einfach. Man muss ja objektiv bleiben. Also gut: Ein zuverlässiger Mannschaftsfahrer, der gut über die drei Wochen kommt und an einem guten Tag auch um den Sieg fahren kann.
Und was würde er zum Dilemma von Fahrern sagen, die annehmen müssen, dass sie gegen Konkurrenten antreten, die mit Doping oder Hilfsmotoren betrügen?
Man weiß erst im Nachhinein, wer was gemacht hat. Man muss das verdrängen und darf nicht denken, deshalb schlechter abzuschneiden. Auf solche Gedanken darf man sich gar nicht einlassen.
Der Prolog am Samstag zählt eher nicht zu Ihren Stärken. Wann kommt die erste Etappe, auf die Sie ein Auge geworfen haben?
Das ist gleich die zweite Etappe. Sie führt durch die Ardennen. Ich bin in der Nähe aufgewachsen. Ich will versuchen, in einer Ausreißergruppe dabei zu sein.
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