Abschied von Kati Wilhelm
ND-Sportlerin des Jahres bedankt sich bei Fans und Weggefährten
Steinbach-Hallenberg
Auf der großen Videoleinwand lief das WM-Viertelfinale zwischen Brasilien und Holland, doch niemand schaute hin. Die vielen Menschen auf der abgesperrten Hauptstraße von Steinbach-Hallenberg schauten allesamt in die entgegengesetzte Richtung, um einen letzten Blick auf ihre Heldin zu werfen. Kati Wilhelm hatte zum Abschied geladen und über 2000 Menschen kamen – aus ganz Thüringen, Hannover oder Rostock. »Nur um Kati noch mal zu sehen«, sagte der norddeutsche Biathlonfan in der ersten Reihe, der mit seiner Frau eine fünfstündige Autofahrt durch den derzeit schwülen Osten auf sich genommen hatte.
Sichtlich ergriffen stand die erfolgreichste deutsche Biathletin vor den Bewohnern ihres Heimatorts und hielt eine Dankesrede von Tränen auf beiden Seiten begleitet. »Ihr habt mich 20 Jahre lang im Leistungssport unterstützt, auch wenn ihr mich sicher auch oft verflucht habt. Dafür will ich Euch danken«, sagte Wilhelm.
Die dreifache Olympiasiegerin und fünffache Weltmeisterin hatte ihre Karriere im Anschluss an die Olympischen Spiele 2010 in Vancouver beendet, und das nur kurz nach einem ihrer besten Weltcupjahre überhaupt. 2009 gewann sie in Pyeongchang zwei WM-Titel und verpasste nur knapp den Gesamtweltcup. Als Belohnung wählten sie die Leser des ND zur Sportlerin des Jahres – und den Preis gab es nun in Steinbach-Hallenberg auf der Bühne.
»So eine Auszeichnung ist immer etwas ganz Besonderes«, dankte die 33-Jährige den ND-Lesern, »denn die kommt direkt von den Fans. Außerdem haben so viele andere Sportlerinnen starke Leistungen gezeigt, das macht den Preis umso wertvoller«, meinte die Biathletin, die bereits 2006 ND-Publikumsliebling geworden war.
Als Wilhelm vom ND-Reporter auf Ole-Einar Björndalen angesprochen wurde, der kürzlich erklärt hatte, trotz seines noch höheren Alters (36) vier weitere Jahre dranzuhängen, um Norwegens erfolgreichster Olympionike zu werden, verriet sie vor den Fans doch noch den wahren Grund ihres Karriereendes: »Na, der Ole muss ja auch nicht die Kinder kriegen.«
Zum Abschied war allerlei Biathlonprominenz gekommen: Von Bundestrainer Uwe Müßiggang über Alexander Wolf und Sven Fischer bis zu Wilhelms langjährigen Kolleginnen Sabrina Buchholz und den Henkel-Schwestern Andrea und Manuela. »Irgendwann ist der Punkt für jede Athletin gekommen«, meinte Müßiggang ein wenig melancholisch: »Sie hat Riesenerfolge gefeiert, da hat sie auch das Recht zu sagen: ›Jetzt reicht’s!‹ Auch wenn es für uns ein riesiger Verlust ist. Es wird schwer, die Lücke zu schließen.«
Der Bürgermeister Steinbach-Hallenbergs, Christian Endter (CDU), versuchte Wilhelm dann noch mit einem Apfelbaum als Geschenk zu überreden, wieder in die Heimat zu ziehen. Ein Grundstück wurde ihr bereits geschenkt und ein Fitnesspfad nach ihr benannt. Doch auch Ruhpolding buhlt um sie. Herbert Fritzenwenger, Leiter des dortigen Olympiastützpunktes, an dem Wilhelm in den letzten Jahren trainiert hatte, schenkte einen Gleitschirmsprung zum Abschied. Wilhelm will sich noch nicht entscheiden. Derzeit studiert sie im bayerischen Ansbach.
»Man soll Abschied nehmen, wenn noch viele Menschen Schade sagen«, so lauteten Kati Wilhelm Schlussworte. Viele Fans hätten trotzdem gern noch ein wenig damit gewartet. Und eines musste noch geklärt werden: Die haben hundertfach den langsamen Schnee verflucht oder die Ski, am häufigsten wohl den Wind. Aber niemals »unsere Kati«!
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