Wem gehört Brokkoli?
Expertengremium warnt in einem aktuellen Gutachten vor Biopatenten
Über 50 Prozent der Nahrungsmittel werden durch nur drei Pflanzenarten erzeugt: Mais, Reis und Weizen. Der Rückgang der Artenvielfalt kann laut einem Gutachten des Beirates für Biodiversität und genetische Ressourcen beim Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV), das am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde, durch Biopatente noch verstärkt werden. Das Expertengremium warnt daher vor Patenten auf normale Zuchttiere und Pflanzensorten.
Ein aktuelles Beispiel ist das sogenannte Brokkoli-Patent, über das die Große Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts (EPA) in München noch in diesem Monat verhandeln wird. Das EPA erteilte 2002 der britischen Firma Plant Bioscience das Patent auf ein Verfahren, um Brokkoli mit einem erhöhten Anteil an einem bestimmten Inhaltsstoff zu züchten, welches das Risiko einer Krebserkrankung mindern soll. Dabei wurde die neue Sorte nicht mit Hilfe von Genmanipulation, sondern durch klassische Züchtungsverfahren erzeugt. Lediglich ein sogenanntes Marker-Gen wurde bei der Züchtung zur Hilfe genommen. Das Patent soll im Sinne der Patentinhaber nicht nur für die Züchtungsmethode gelten, sondern auch für Brokkoli-Samen und Pflanzen, die daraus gewonnen werden.
Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner, sieht den Wettbewerb innerhalb der Zuchtbranche gefährdet, weil sich die Bauern nicht mehr gegenüber den großen Biotech-Unternehmen behaupten könnten: »Stillstand durch die Schaffung von Monopolen, wie sie das Patentrecht auslösen kann, sind das Aus für eine mittelständische Züchtungsbranche«, führt Sonnleitner aus und fordert, dass auch zukünftig klassische Züchtungsverfahren nicht mit technischen Elementen »garniert« und damit patentiert werden.
Unterstützung erhält Sonnleitner dabei aus dem BMELV: »Wir dürfen niemandem die exklusiven Rechte oder gar die Kontrolle über Nutztiere und Nutzpflanzen einräumen«, sagt die parlamentarische Staatssekretärin Julia Klöckner (CDU). »Ich werde dies gegenüber dem Europäischen Patentamt deutlich machen.«
Für die Opposition sind dies nur schöne Worte: »Appelle reichen nicht«, sagt der umweltpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Matthias Miersch. Der Schlingerkurs von Ministerin Ilse Aigner (CSU) bei der grünen Gentechnik zeige, dass sie auf eine Technologie setze, bei der das Patentrecht dazu führen kann, dass die Grundlage der Ernährung in den Händen weniger Monopolisten liege.
»Die Reform der gesetzlichen Grundlagen auf EU- und Bundesebene ist überfällig«, gibt die Grünenpolitikerin Ulrike Höfken zu bedenken. »Grundlage muss dabei unsere Forderung sein, keine Patente auf Tiere und Pflanzen zu erlauben – egal, ob diese gentechnisch ›erzeugt‹ oder konventionell gezüchtet wurden.«
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