Abschied ohne Larifari

Deutsche Elf heute im ungeliebten »kleinen Finale« gegen Uruguay

  • Klaus Bergmann und Jens Mende, dpa
  • Lesedauer: 4 Min.

Joachim Löw legen Fieber und Schüttelfrost flach – seine erschöpften WM-Jungs müssen sich dagegen vor dem ersehnten Urlaub noch einmal aufrappeln. »Der Kopf braucht eine Pause. Aber wir müssen uns strecken und können nicht mit einer Larifari-Einstellung ins Spiel gehen«, mahnte Jungstar Thomas Müller vor dem Spiel um Platz drei gegen Uruguay. Der letzte Eindruck bleibt, »und es gibt auch eine Medaille«, sagte Teammanager Oliver Bierhoff vor dem letzten Kraftakt am Samstag um 20.30 Uhr in Port Elizabeth und appellierte ans Team: »Es ist besser zu sagen, man ist Dritter geworden, als im Halbfinale ausgeschieden zu sein.«

Immerhin sind die Deutschen fast schon Spezialisten für das bei Trainern und Spielern so unbeliebte, aber vom Weltverband FIFA bestimmte »kleine Finale«. Zum fünften Mal spielt eine DFB-Auswahl um Platz drei: Drei Siege gab es, neben 1934 und 2006 sogar einer gegen Uruguay 1970 in Mexiko (1:0). Nur 1958 in Schweden setzte es eine 3:6-Schlappe gegen Frankreich. Auch Löw übermittelte am Freitag vom Krankenbett im Hotel nochmals seine Vorgabe: »Ziel ist jetzt, das letzte Spiel zu gewinnen und Dritter zu werden.« Seine Zukunftspläne bleiben für ihn »Thema nach dem Turnier«, auch wenn sein Weitermachen bis 2012 für einige schon fix ist und DFB-Boss Theo Zwanziger sein Werben immer intensiver betreibt.

Das Abschlusstraining vor der Abreise nach Port Elizabeth musste Löws Assistent Hansi Flick leiten. Und die Reihen im Stadion von Atteridgeville hatten sich gelichtet. Neben Löw hat auch Kapitän Philipp Lahm und Lukas Podolski ein grippaler Infekt erwischt, wenn auch weniger schlimm. Torjäger Miroslav Klose konnte wegen Rückenproblemen nur eine Laufeinheit in der Hotelanlage bestreiten. Und Tim Wiese, dem Löw zum Dank für seine klaglose Übernahme der Ersatztorhüterrolle sein WM-Debüt schenken wollte, zwang eine Schleimbeutel-Entzündung im Knie zur Pause. »Er hat der Mannschaft als Typ sehr gut getan«, sagte Bierhoff, sein Einsatz sei aber »fraglich«.

Beim erkrankten Löw ist Bierhoff »guter Dinge, dass er mit vollen Kräften an der Bank stehen wird«. Bei den angeschlagenen Akteuren dagegen werde man »kein großes Risiko eingehen«. Unabhängig davon wird erwogen, auch Reservisten für ihren Trainingseifer in den knapp zwei Monaten seit der Zusammenkunft am 12. Mai zu belohnen.

»2006 hat sich gezeigt, dass es nach einem kurzen Spannungsabfall besser ist, frische Kräfte zu bringen«, erinnerte Bierhoff an das 3:1 gegen Portugal in Stuttgart, als vier Tage nach dem harten Halbfinal-K.o. gegen Italien Oliver Kahn, Jens Nowotny und Marcell Jansen neu in die Startelf rückten. »Wir legen großen Wert darauf, dass wir das Spiel ernsthaft angehen«, beteuerte Bierhoff.

»Wir wollen dieses Spiel nicht herschenken«, versprach Torjäger Klose den Fans in der Heimat. »Wir wollen Uruguay das Leben schwer machen«, sagte Klose, »aber es ist halt nur das kleine Finale.« Die »Urus« um den starken Anführer und Torjäger Diego Forlan würden heiß sein, warnte Müller: »Sie sind hinten ziemlich geordnet, im Mittelfeld aggressiv und vorne mit Forlan und Suarez gefährlich.«

Immerhin wurde bei den deutschen Spielern sogar schon wieder geflachst. Und persönliche Ziele werden eine Hauptrolle im Nelson Mandela Bay Stadion spielen. Klose möchte in seinem 20. und letzten WM-Spiel mindestens ein Tor erzielen und mit Treffer Nummer 15 mit dem Brasilianer Ronaldo in der ewigen WM-Schützenliste gleichziehen. »Es ist der Wunsch von Miroslav, noch weiter vorzurücken«, berichtete Bierhoff. Die Teamkollegen wollen dem 32-Jährigen unbedingt Bälle auflegen, denn auch sie würde Kloses Erfolg »mit Stolz erfüllen«.

Klose und Shootingstar Müller können als vierfache Torschützen auch noch die jeweils fünfmal erfolgreichen Wesley Sneijder (Niederlande) und David Villa (Spanien) im Kampf um die Torjägerkrone übertreffen. Allerdings können auch die beiden Finalkontrahenten am Sonntag ihr Trefferkonto nochmals erhöhen.

Manager Bierhoff zog – unabhängig vom Resultat gegen Uruguay – schon vor dem letzten Auftritt ein überschwängliches WM-Fazit. Man sei ein »optimaler Botschafter« für Deutschland gewesen: »Wir haben es geschafft, ein neues Bild von Deutschland zu schaffen, nicht nur sportlich, sondern auch gesellschaftlich«, sagte Bierhoff: »Gewinner ist für mich das Team. Und Jogi, dessen Standfestigkeit und Linie Erfolg hat. Das war eine Meisterleistung.«

Allerdings fehlt das i-Tüpfelchen, der 4. Titel für Deutschland. Den neuen Weltmeister müssen Löw & Co. am Sonntagabend wenigstens nicht jubeln sehen, weil man zur Finalzeit im Airbus 380 auf dem mehr als zehnstündigen Rückflug nach Deutschland sein wird. »Ich glaube, dass es keinem schwerfällt, das Spiel nicht zu sehen«, meinte Bierhoff: »Das wäre nochmal ein kleiner Schmerz.«

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