Shakespeare Company
Dienerdämel, Liebeslümmel
Rastlos schaffte er seine Dramen, Jahr für Jahr mindestens ein, zwei neue, zwei Dezennien lang. Dass fast alle noch gespielt werden, macht Shakespeares Genius aus. Zwischen dem »Kaufmann von Venedig« und Teil 1 des »König Heinrich IV.« entstand 1597 »Der Widerspenstigen Zähmung«. Den ungezählten Inszenierungen hat der Schweizer Tom Ryser seine für die Shakespeare Company Berlin hinzugefügt. Das Werben um ihn hat sich gelohnt, schuf Ryser doch eine Lesart zwischen Original und Gegenwartszutat, die bestens unterhält. Gemeinsam mit »Romeo und Julia« sowie »Othello« steht sie jetzt auf der Shakespeare Sommerbühne im Heimathafen Neukölln. Viel Szenerie brauchen die sechs Akteure im Hofgarten des Saalbaus Neukölln nicht, um deftig Theater zu machen. Schon vor Beginn der Aufführung flanieren sie durchs Zusehvolk, Kostüme in Rottönen weisen sie als Spieler aus, drei rotgoldene Aufsteller bilden vor schwarzem Vorhang und uralter Naturlinde die Szene.
Froh zu sein bedarf es wenig, singt das Sextett im Kanon. Da befindet es sich zuggeschüttelt im ICE nach Padua, dorthin, wo Signora Baptista Mutter zweier heiratsfähiger Töchter ist. Die eine, Bianca, zart und schmiegsam, hat bereits als Verehrer den angejahrten Hortensio und den smarten Lucentio. Aber Mutter (im Original Vater) will erst die widerborstige Ältere, Katharina, den Ladenhüter, unter die Haube bringen. Auch für sie taucht ein Interessent auf: Petruchio aus Verona. Wie bei Shakespeare üblich, greifen die Kandidaten zu allerlei List, um sich den Angebeteten zu nähern. Biancas Freier treten verkleidet als Lehrer ins Haus ein, tauschen zudem mit ihren Dienern die Rolle. Allein Petruchio hat Konkurrenz nicht zu fürchten, wohl aber Katharinas spitze Zunge.
Die Ältere foltert ihre Schwester mit Wäscheklammern und weint dann doch in deren Armen um die ausbleibende Liebe. Derweil sich Biancas Freier mit Geschenken zu überbieten suchen, sitzt die Mutter bereits auf Petruchios Schoß und gestikuliert mit dessen Händen über den liebsamen Ehevertrag. Im Rededuell der beiden Zukünftigen geht es kräftig zur Sache, mit Cola-Kathi reizt er sie, er habe keinen Geist, sei folglich unbewaffnet, kontert sie. Ich heirate dich, du bist schön, schmeichelt Petruchio, spricht damit sogar ehrlich. Dass auch Katharina schon in ihn verliebt ist, erkennt die weise Mutter rasch und kann nun um die Mitgift der Jüngeren feilschen.
Bis sich alles löst, die spröde Ehefrau zur fast allzu fügsamen Gattin wird und auch die übrigen Paare, Mutter mit Hortensio, ihr Glück finden, hat man sein Amüsement. Spieltempo, spritzige Dialoge und treffsichere Pointen bieten pralles, mit Gesang gewürztes Volkstheater, dessen szenische Einfälle wie Trümpfe stechen und jeden Anschein antiquierter Komödie vermeiden. Als sich die Figuren mit Mozarts nicht ganz jugendfreiem »Bona nox« verabschieden, haben sich ihre Spieler als Paradekomödianten bewiesen, allen voran Stefanie Lanius als Widerspenstige, Vera Kreyer als Mutter und Dienerin, Stefan Plepp als bauernschlauer Petruchio, der wirklichkeitsnah stets die Aussprache seines Namens korrigieren muss.
15.-17.7., 20 Uhr, Heimathafen Neukölln, Karl-Marx-Str. 141, www.heimathafen-neukoelln.de
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