Egoismus pur

  • Jürgen Amendt
  • Lesedauer: 1 Min.

Hamburgs Bürger stimmen am Sonntag über die Einführung der sechsjährigen Grundschule ab. Selten war eine Frontstellung so klar: Auf der einen Seite ein Bildungsbürgertum, das mit teuren Anzeigenkampagnen um das Gymnasialprivileg ihres Nachwuchses kämpft. Auf der anderen Seite die Bildungsreformer (auch die übrigens aus dem Bildungsbürgertum), die für das längere gemeinsame Lernen aller Schüler plädieren – dies vor allem mit dem Hinweis auf den damit verbundenen Nutzen für Kinder aus sozial benachteiligten und bildungsfernen Familien.

Der Übertritt auf das Gymnasium symbolisiert die Zugehörigkeit zur oberen Mittelschicht. Mit ihm sind Reputation und die Gewissheit verbunden, sich von nun an in einem relativ störungsfreien Lernmilieu zu bewegen. Dieses Privileg zu verteidigen, ist Egoismus pur und kein Satz kann das deutlicher ausdrücken als der Slogan, unter dem die Reformgegner firmieren: »Wir wollen lernen!« Dieser Egoismus ist allerdings stimmmächtig. Sollte er am Sonntag siegen, dann wäre es der Gymnasiallobby gelungen, ihre Partikularinteressen durchzusetzen. Die Frage ist dann, ob die CDU in anderen Bundesländern erneut das Wagnis eingehen wird, aus kluger Einsicht das Richtige zu tun, selbst um den Preis, es sich dadurch mit einem Teil ihrer Wählerschaft zu verscherzen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.