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Symbolfigur des Kampfes gegen Chiles Diktatur

In Santiago starb Luis Corvalán, langjähriger Generalsekretär der KP Chiles

  • Jürgen Vogt, Buenos Aires
  • Lesedauer: 4 Min.

Luis Corvalán ist tot. Der frühere Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chiles starb am Mittwoch im Alter von 93 Jahren in der Hauptstadt Santiago. Der Lehrer, Journalist und Politiker arbeitete an einem Buch über die Geschichte seiner Partei, deren Geschicke er von 1958 bis 1989 als Generalsekretär entscheidend mitlenkte und deren Zentralkomitee er bis zuletzt angehörte.

Luis Alberto Corvalán Castillo wurde am 14. September 1916 in der südchilenischen Stadt Puerto Montt geboren. Mit sechzehn tritt er in die Kommunistischen Partei. Er arbeitet zunächst bei der kommunistischen Zeitung »Frente Popular« und von 1940 an als stellvertretender Chefredakteur des Zentralorgans der KP, »El Siglo«. Von 1946 bis 1948 ist er der Chefredakteur. Erste parlamentarische Erfahrung sammelt er als Stadtrat in Concepción. 1961 wird er erstmals zum Senator gewählt, 1969 gelingt ihm die Wiederwahl. Im selben Jahr schließt sich die KP Chiles als zweitstärkste Kraft dem linken Bündnis Unidad Popular an. Dessen Kandidat Salvador Allende gewinnt im September 1970 die Präsidentschaftswahl.

Wiederholt wurde Corvalán ins Gefängnis gesperrt. Erstmals 1947, als unter Präsident Gabriel González Videla die Kommunistische Partei verboten wurde. Während der Militärdiktatur von General Augusto Pinochet wurde er abermals verhaftet und auf die KZ-Insel Dawson deportiert, später in die Gefangenenlager nach Ritoque und Tres Álamos.

Da sie den Vater zunächst nicht finden konnten, verhafteten sie 1973 den Sohn Luis Alberto. Unter Folter sollte er den Aufenthaltsort des Vaters preisgeben. Der 26-jährige hielt jedoch stand. Knapp ein Jahr später wurde er aus der Haft entlassen und reiste mit seiner Familie nach Sofia. Wenige Tage bevor sein Vater freikam, starb Alberto an den Folgen der Haft.

Während seiner Gefangenschaft wurde Luis Corvalán 1974 von der UdSSR mit dem Lenin-Friedenspreis ausgezeichnet. Nach langwierigen Verhandlungen wurde er 1976 in der Schweiz gegen den sowjetischen Dissidenten Wladimir Bukowski ausgetauscht. Mehrfach war er danach heimlich in Chile. Hauptsächlich lebte er bis 1988 im sowjetischen Exil. Danach, zwei Jahre vor dem Ende der Pinochet-Diktatur, kehrte er offiziell in sein Heimatland zurück.

In der DDR hatte es nach dem Sieg der Unidad Popular 1969 nicht nur enge staatliche Beziehungen zum Chile des sozialistischen Präsidenten Allende gegeben. Es war auch eine starke emotionale Verbundenheit großer Teile der Bevölkerung, besonders der Jugend, mit dem Schicksal der friedlichen Revolution in Chile gewachsen. Der blutige Putsch vom 11. September 1973, verbunden mit dem Tod des Präsidenten Allende sowie der Ermordung oder Einkerkerung Tausender Chilenen, führte deshalb zu einer der größten Solidaritätsaktionen in der Geschichte der DDR.

In deren Zentrum stand der Kampf um die Freilassung Luis Corvaláns, des prominentesten Gefangenen des Regimes. Ähnlich wie wenige Jahre zuvor beim Kampf um die Befreiung der US-Bürgerrechtlerin Angela Davis schickten Kinder und Jugendliche viele tausend Solidaritätspostkarten mit dem Bild des Kommunisten und der Aufschrift »Freiheit für Luis Corvalán« nach Chile.

Nach seiner Freilassung besuchte Corvalán von seinem Moskauer Exil aus mehrfach die DDR. Obwohl die näheren Umstände des ominösen Gefangenenaustausches zumindest in der DDR im wesentlichen unerklärt blieben, tat das seiner Popularität hierzulande keinerlei Abbruch. Auch auf politischen Großveranstaltungen, verbunden mit den entsprechenden protokollarischen Regularien, ging Corvalán sein volksnahes Auftreten nicht verloren.

Corvalán war auch aus diesem Grunde damals häufig zu Gast in den sozialistischen Ländern Europas und deren Verbündeten in der Dritten Welt. Vor allem aber galt er als Symbolfigur des Volkskampfes gegen die in jener Zeit in Lateinamerika herrschenden, teilweise faschistischen Regimes. Nach eigener Aussage hätte er den Kampf gegen die Diktatur dennoch viel lieber zu Hause in Chile geführt.

Aus dem Exil heraus unterstützte Corvalán den bewaffneten Kampf gegen das Pinochet-Regime. 1974 hatte die KP die Frente Patriótico Manuel Rodríguez als ihren bewaffneten Arm ins Leben gerufen. Ihre spektakulärste Aktion war ein gescheitertes Attentat auf die Wagenkolonne von Pinochet, bei dem im September 1986 fünf Begleiter getötet wurden, der Diktator aber mit leichten Verletzungen davonkam.

Am Donnerstag wurde Corvaláns Leichnam im Sitz des Kongresses in der chilenischen Hauptstadt Santiago aufgebahrt. Bis Sonnabend hat die Bevölkerung Zeit, Abschied zu nehmen. Zu seiner Beisetzung auf dem Hauptfriedhof wird eine große Trauergemeinde mit internationaler linker Prominenz erwartet.

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