Italiens Süden leidet schwer

Wirtschaftskrise belastet besonders die armen Regionen des Landes

  • Anna Maldini, Rom
  • Lesedauer: 3 Min.
Wenn die Krise ganz Italien fest im Griff hat, ist es für den Süden des Landes ein Würgegriff. Das Wirtschaftsforschungsinstitut Svimez hat in seinem letzten Bericht deutlich gemacht, dass die Schere zwischen Nord und Süd in Italien immer größer wird.

Süditalien – die Regionen südlich von Rom und die beiden großen Inseln Sardinien und Sizilien – geht es wirtschaftlich und sozial immer schlechter. 14 Prozent der Familien müssen mit weniger als 1000 Euro monatlich auskommen; dabei sind die Familien zugleich größer als früher. Etwa die Hälfte hat nur ein Einkommen und muss davon in vielen Fällen drei oder mehr Menschen ernähren.

Rund 30 Prozent der Menschen im Süden (im Rest von Italien sind es 10 Prozent) leben an der Armutsgrenze. Fast 17 Prozent der Familien bezahlen Strom-, Wasser- und Gasrechnungen mit großer Verspätung; 21 Prozent haben kein Geld für die Heizkosten für die auch im Süden Italiens mitunter bitterkalten Winter. In jeder fünften Familie werden Arztbesuche aufgeschoben, in jeder dritten hat man nicht genügend Geld für notwendige Kleidungsstücke. Und schließlich hat die Hälfte aller Familien in Süditalien große Schwierigkeiten, wenn unvorgesehene Ausgaben von mehr als 750 Euro auf sie zukommen.

Während das Bruttosozialprodukt in Italien insgesamt 2009 um 1,5 Prozent sank, waren es im Süden gleich 4,5 Prozentpunkte. Im Norden beträgt das Inlandsprodukt pro Kopf 29 449 Euro; im Süden sind es dagegen nur 17 317 Euro. Dabei gibt es keinen Erwerbszweig, der nicht von der Krise betroffen wäre. In der Landwirtschaft ging der Mehrwert 2008 um 5 Prozent zurück, in der Industrie gar um 15,8 Prozent. Im letzten Jahr fielen in der Industrie 61 000 Arbeitsplätze weg; seit 2008 waren es insgesamt über 100 000.

Aber auch der Handel verzeichnete ganze elf Prozent Einbußen, der Tourismus immerhin drei Prozent. Die Experten des Wirtschaftsforschungsinstituts Svimez sehen dafür zwei Hauptursachen: die Investitionen und den Konsum der Familien. Die Investitionen gingen 2009 um fast 10 Prozent zurück (im Vorjahr betrug das Minus 3,7 Prozent); die Familien schraubten ihren Konsum 2009 insgesamt um 2,6 Prozent zurück (im Norden waren es 1,6 Prozent).

Früher war die Immigration noch ein Rettungsanker für den italienischen Süden. Auch das ist heute nicht mehr der Fall. Immer weniger Personen (114 000 im Jahr 2009) verlassen ihre Heimat, weil Jobs auch im Norden rar geworden sind.

Meistens sind es Kinder aus besser gestellten Familien, die dann Geld in den Norden schicken, um die Emigranten so lange zu unterstützen, bis sie richtig Fuß gefasst haben. Dafür kamen im letzten Jahr 55 000 Menschen aus dem Norden wieder zurück in den Süden – die meisten, weil sie arbeitslos geworden sind. Nur die Universitätsabsolventen versuchen den Weg ins Ausland – beliebtestes Ziel ist dabei Deutschland, gefolgt von der Schweiz und Großbritannien.

Das Fazit der Wirtschaftsforscher um Institutschef Adriano Giannola ist eindeutig: Italien brauche ein Gesamtprojekt für den Süden, das von der Infrastruktur ausgeht. Dazu seien Investitionen in Höhe von 38 Milliarden Euro nötig. In einer Zeit aber, in der in Italien vor allem dort gespart wird, wo das Geld am nötigsten wäre, dürfte das leider auf unbestimmte Zeit ein Wunschtraum bleiben.

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