»Blutiger Empfang« in Hannover
Proteste von Friedensaktivisten bei Sommerfest der Bundeswehr
Die Bundeswehr bezeichnet ihr jährliches Sommerbiwak als »schönstes Gartenfest Europas«. Das Friedensbüro Hannover, DIE LINKE und andere linke Parteien und Gruppen riefen stattdessen zum Protest auf. Die Kritik der knapp 500 Demonstranten, die dem Aufruf folgten, richtet sich nicht nur gegen den Krieg in Afghanistan, sondern auch gegen die Patenschaft der niedersächsischen Landeshauptstadt mit der 1. Panzerdivision.
Die wird nächstes Jahr knapp 10 000 Soldaten in Kriegseinsätze schicken und die Leitdivision der Bundeswehr in Afghanistan sein. Fünf verschiedene Demonstrationszüge, so viele wie noch nie, hatten die Kriegsgegner im Vorfeld angemeldet. Einigen gelang es, sich Zutritt zum Sommerbiwak im Stadtpark zu verschaffen. Rund zwanzig Friedensaktivisten ließen sich als Besucher verkleidet im Eingangsbereich zu Boden fallen und begossen sich mit roter Farbe. Auf einem Transparent, das die Polizei nach wenigen Minuten beschlagnahmte, bereiteten sie »Den KriegstreiberInnen einen blutigen Empfang«. Kurz vor der Eröffnungsrede versuchten dann unweit des Rednerpults auch Landtagsabgeordnete und hannoversche Ratsherren der LINKEN ihre T-Shirts mit der Aufschrift »NO WAR!« zu entblößen. Feldjäger verhinderten das und nahmen die Protestierenden in Gewahrsam. Ihnen droht Anzeige wegen Hausfriedensbruchs.
Der Beginn des offiziellen Festprogramms verzögerte sich durch die Aktion jedoch etwas. »Ganz unerträglich finde ich, dass diese Veranstaltung genau zwischen die Jahrestage der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki fällt«, sagt Manfred Sohn, Chef der Linksfraktion im Landtag, der sich daran beteiligte.
Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) sagte als erster Grußredner, die 1. Panzerdivision verankere sich immer mehr in der zivilen Gesellschaft: »Dafür stehen zahlreiche Patenschaften und andere Formen des sozialen Engagements.« In Anspielung auf die Proteste sagte er zudem: »Die deutsche Politik darf es nicht zulassen, dass unsere Soldaten in der öffentlichen Auseinandersetzung so diffamierend dargestellt werden« und erntete dafür Beifall. In eine ähnliche Richtung äußerte sich Hannovers Bürgermeister Bernd Strauch (SPD). Er nannte die Demonstranten »ein paar wenige«, von denen man sich nicht unter Druck setzen lasse. Im Hintergrund ertönte derweil die Technomusik des letzten Demonstrationszuges, der sich zur Kaserne der Division auf den Weg gemacht hatte.
Schon im Vorfeld des Sommerbiwaks war es zu Protesten gekommen. In der Nacht zum Donnerstag hatten Unbekannte eine Polizeistation in Hannover-List mit Farbe beworfen. Auch das Büro der SPD im Stadtteil Linden wurde mit Steinen und Farbflaschen beschädigt. Zu den Anschlägen sollen sich Gegner des Biwaks bekannt haben. Friedlich ging es dagegen am Freitagabend zu, als rund 70 Demonstranten zum Innenministerium zogen. Den Protestauftakt am Samstagnachmittag bildete nach lokalen Aktionen ein Trauermarsch, der mit Kreuzen und Plakaten der vielen zivilen Opfer des Krieges gedachte. Brunhild Müller-Reiß vom Friedensbüro beklagte die Auflagen der Polizei, die etwa die Nutzung von Lärminstrumenten bei den Protesten verboten hatte.
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