Das große Statistikamt-Lotto
In der Krisen-Region um Nürnberg und Fürth gibt es neue Arbeitsplätze – aber nur wenige
Fürth. Mit dieser Chance hat Petra Baumann schon gar nicht mehr gerechnet. Fast 53 Jahre ist sie alt. Sie hat bei Quelle einst ihre Ausbildung absolviert und insgesamt 36 Jahre für den Fürther Versandhändler gearbeitet. Dann ging Quelle pleite, Petra Baumann wurde arbeitslos. Die Aussichten auf dem Arbeitsmarkt waren mies. Dass sie jetzt in der neuen Außenstelle des Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung in Fürth einen Job hat, kann die Nürnbergerin noch gar nicht richtig fassen. »Das ist wie ein Sechser im Lotto. Ach was, eigentlich viel besser«, sagt die Frau mit dem flotten Kurzhaarschnitt.
Petra Baumann arbeitet jetzt in den Büros, in denen früher die Quelle-Hauptverwaltung saß. Vor wenigen Monaten war die Atmosphäre in dem schmucklosen Büro-Komplex gespenstisch, die Namensschilder früherer Mitarbeiter hingen noch an den Türen, alte Möbel und Schreibwaren standen oder lagen herum. Jetzt sind die Teppichböden frisch gereinigt, die Schreibtische stehen sauber und ordentlich da, die Telefonanlage funktioniert.
Mehr als 1000 Bewerber
Wie Innenminister Joachim Herrmann am Freitag sagte, haben die ersten 42 Mitarbeiter in Fürth mit den Vorbereitungen zum Zensus 2011 begonnen, 17 von ihnen haben früher bei Quelle gearbeitet.
Zum Januar 2011 sind 70 weitere Zusagen gemacht worden, 33 davon gingen an Ex-Quelle-Beschäftigte. Für die Jobs in der Fürther Außenstelle des Statistischen Landesamtes Bayerns haben sich bislang mehr als 1000 Menschen beworben. Kein Wunder, dass sich Petra Baumann »riesig« über die Zusage gefreut hat. Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) höchstpersönlich hat am Freitag zusammen mit anderen Politikern die ersten Landesamts-Mitarbeiter in Fürth begrüßt. Vom Jahr 2013 an soll das komplette Landesamt von München nach Fürth ziehen – der aufwendige Umzug gehört zum millionenschweren Strukturprogramm, das die Staatsregierung nach der Quelle-Pleite im vergangenen Herbst für die wirtschaftlich gebeutelte Region Nürnberg-Fürth aufgelegt hat.
Bislang sind die Horror-Szenarien ausgeblieben, anders als von Experten befürchtet, sind die Arbeitslosenquoten nicht in den zweistelligen Bereich geklettert. Immer wieder registrieren die Städte kleinere und größere Erfolgsmeldungen, so etwa die Pläne der Deutschen Post, ein Call-Center mit rund 700 Arbeitsplätzen in Fürth zu errichten. »Es ist nicht so negativ gekommen, wie wir das vor einem Jahr befürchtet haben«, sagt Seehofer.
Womöglich herrscht deshalb parteiübergreifende Eintracht: Fürths SPD-Oberbürgermeister Thomas Jung dankt »aus voller Überzeugung« für ein »glaubwürdiges Arbeiten der Politik«, CSU-Ministerpräsident Seehofer lobt die »angenehme Zusammenarbeit« mit der Stadt Fürth.
Schlimme Ungewissheit
So ganz sieht Stadtchef Jung die negativen Folgen der Quelle-Pleite noch nicht abgewendet, »wir müssen weiterarbeiten«, mahnt er. Gerade Frauen, die älter als 50 sind, hätten es schwer, einen neuen Job zu finden.
Petra Baumann hat es geschafft, nach mehr als drei Jahrzehnten bei Quelle hat sie einen neuen Arbeitsplatz bekommen. Vom definitiven Aus des Versandhändlers im vergangenen Oktober sei sie zwar nicht überrascht gewesen, der Niedergang der Traditionsfirma habe sich schon länger abgezeichnet. »Aber die Ungewissheit war schon sehr schlimm.« Bis schließlich die Zusage vom Landesamt kam: »Ich war baff, dass ich so viel Glück hatte.«
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