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»Mister Vielseitig«: Patrick Hausding auf Rekordjagd

EM in Budapest: Deutsche Wasserspringer glänzen / Im Schwimmen holt die 16-jährige Debütantin Silke Lippok nach Gold noch Silber

  • Sandra Degenhardt und Marc Zeilhofer (dpa), Budapest
  • Lesedauer: 4 Min.

Keine Nerven, elegant und vielseitig – der Berliner Wasserspringer Patrick Hausding hat viele Stärken. Bei den EM in Budapest spielte er sie aus und wurde zum eifrigsten deutschen Medaillensammler. Nach den Erfolgen seines Vorzeigespringers scheute Wassersprung-Bundestrainer Lutz Buschkow nicht mal den Vergleich mit den ganz Großen.

»Was Patrick macht, ist einzigartig. Das schaffen nicht einmal die Chinesen. Die sind alle entweder nur Turm- oder nur Kunstspringer«, sagte Buschkow und hob den besten deutschen EM-Starter damit fast schon in den Adelsstand. Ob vom 1-Meter- oder 3-Meter-Brett oder vom Turm, alleine oder im Duett – der 21-jährige Hausding springt alles und das auf höchstem Niveau. »Wenn er gesund bleibt, ist bei ihm nach oben alles offen«, ist Buschkow überzeugt.

»Wie eine Katze, die man aus dem Fenster wirft«

Bei den EM avancierte »Mister Vielseitig« zum erfolgreichsten deutschen EM-Starter mit Gold vom 3-Meter-Brett und mit dem Aachener Sascha Klein vom Turm sowie Silber vom 1-Meter-Brett und mit dem Leipziger Stephan Feck vom 3-Meter-Brett. »Manchmal muss ich mir angesichts der Erfolge mein innerliches Grinsen verkneifen. Langsam wird mir mein Erfolg selbst unheimlich«, gestand der Olympiazweite Hausding.

Bei den Frauen trumpfte Christin Steuer (Riesa), die vom Turm im Einzel und im Synchron mit Nora Subschinski (Berlin) Gold holte, groß auf. Und das im fast schon fortgeschrittenen Sportleralter von 27 Jahren. »Unsere Jungs und Mädels haben in den vergangenen Tagen viel für unsere Sportart getan«, freute sich Buschkow.

Hausding stahl allen die Show. Sein Erfolgsrezept: Eleganz, die absolute Sprunghöhe und ein unheimlicher Orientierungssinn. Für Buschkow ist Hausding wie »eine Katze, die man aus dem Fenster wirft«. Die seien nie orientierungslos und landen immer auf den Füßen, ebenso sei es bei Hausding. »Selbst wenn er mal einen Absprung nicht richtig trifft, kommt er immer noch gut ins Wasser.«

Hausding, der mit Klein nach 2008 und 2009 sein drittes Synchron-Gold in Serie holte, hat nun insgesamt sieben EM-Medaillen im Schrank. Als erster Deutscher holte er bei einer Veranstaltung gleich vier Medaillen. Am Sonntag (nach Redaktionsschluss) hatte er als Finalist vom 10-m-Turm sogar die Chance auf seine fünfte Medaille. »So eine Bestmarke ist schon toll, und es ist schön, wenn die Augen auf einen gerichtet sind«, bekannte der Sportsoldat, der pro Tag im Schnitt zwischen 60 und 80 Sprünge macht. »Es können aber auch schon mal 100 werden«, sagt er. Dabei absolvierte »Mr. Vielseitig« wegen der Grundausbildung bei der Bundeswehr in diesem Jahr nur 10 000 statt wie sonst bis zu 14 000 Sprünge. Bei normalem Pensum dürfte die Leistungskurve noch weiter nach oben gehen. »Solche Erfolge geben Zuversicht für die Zukunft«, sagte Hausding.

Silke Lippok auf dem Weg zur neuen »Franzi«

Im Schwimmbecken schob sich die erst 16-jährige Silke Lippok ins Blickfeld. Viele sehen in ihr schon die neue »Franzi«. Die Pforzheimer Schülerin schnappte sich gleich bei ihrer ersten EM einmal Gold (4 x 100 Meter Freistil) und Silber (200 Meter Freistil) und schreckte dabei mit ihrer jugendlichen Unbekümmertheit nicht mal vor großen Namen zurück.

Souverän und locker, ganz im Stil der italienischen Schwimmdiva Federica Pellegrini stand sie nach dem sensationellen Gewinn der Silbermedaille über 200 Meter Freistil Rede und Antwort. »Ich habe das, glaube ich, ganz gut hingekriegt«, sagte sie und heimste gleich noch das Lob der Grande Dame ein. »Sie kann eine meiner großen Konkurrentinnen werden. Ohne sie wäre ich heute nicht so schnell geschwommen«, meinte die Italienerin Pellegrini, die nach Olympia- und WM-Gold nun auch den EM-Titel holte. Auch Doppel- Olympiasiegerin Britta Steffen staunte nicht schlecht: »Silke ist unbefangen, jung und frech. Sie macht einfach ihr Ding.«

Gleich in ihrem ersten internationalen Wettkampf bei den »Großen« trumpfte die fünffache Junioren-Europameisterin auf. »Ich kann das noch gar nicht glauben. Ich wollte eine Staffelmedaille. Aber dass es nun auch im Einzel geklappt hat, ist der Wahnsinn«, jubelte der Jungstar, dem viele eine glänzende Zukunft prophezeien.

Bei ihrem Sturm zu EM-Silber lag sie nach den ersten 50 Metern sogar 59/100 Sekunden unter Pelligrinis Weltrekord. Vergleiche mit der heute 32-jährigen Franziska van Almsick, die mit 14 Jahren Olympiazweite wurde und der Lippok auf der 200-m-Freistilstrecke den Altersklassenrekord entriss, werden immer wieder angestrengt. »Es ist toll, mit so einer großartigen Sportlerin verglichen zu werden. Ich tue das aber nicht. Ich mache mein eigenes Ding«, meinte das größte Talent des deutschen Schwimmsports selbstbewusst.

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