Patienten nutzen Neuerungen kaum
Umfrage: Versicherte mit Ärzten zufrieden / Wenig Wissen über Reformen
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat gerade zum dritten Mal seit dem Jahr 2006 eine Versichertenbefragung durchgeführt. Dabei zeigten sich keine signifikanten Veränderungen in den Einschätzungen durch die Patienten: 80 Prozent der Befragten sind mit der Terminvergabe zufrieden. Zudem genießen Ärzte in Deutschland weiterhin ein hohes Vertrauen. Allerdings sind viele der geplanten und bereits durchgesetzten Reformen im Gesundheitsbereich den Versicherten nicht bekannt oder stoßen bei ihnen auf wenig Interesse.
Von den 6065 zufällig ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern der deutschsprachigen Wohnbevölkerung hatten zum Beispiel nur 20 Prozent von der Möglichkeit gehört, sich in der Arztpraxis eine sogenannte Patientenquittung ausstellen zu lassen. Diese dokumentiert die ärztlichen Leistungen und bietet somit mehr Transparenz für die Versicherten. Eine große Mehrheit von 80 Prozent wusste davon nichts. Und auch von jenem Fünftel, das Bescheid wusste, haben sich nur acht Prozent in den vergangenen zwölf Monaten beim Arzt eine solche Quittung ausstellen lassen. Dies entspricht knapp zwei Prozent aller gesetzlich Versicherten.
Der Vorstandsvorsitzende der KBV, Dr. Andreas Köhler, findet diese Tatsache ernüchternd. Sie zeige, dass das »Interesse, über die von ihnen ausgelösten Kosten Bescheid zu wissen«, bei den Versicherten »derzeit nicht sehr ausgeprägt« sei. Dabei hat die KBV durchgesetzt, dass in den Softwareprogrammen für Vertragsärzte ein Modul eingearbeitet wurde, welches die Quittungen ausdruckt und den Aufwand der Ärzte damit sehr gering hält.
Das Problem des Nichtwissens liegt auch beim Thema Kostenerstattung vor. Dass die gesetzlichen Krankenkassen Kostenerstattungstarife anbieten, haben 72 Prozent der Befragten noch nicht gehört. Bei der Wahl solch eines Tarifes muss der Versicherte zunächst die Behandlung selbst bezahlen, bekommt aber später von der Versicherung einen Teil zurückerstattet. 26 Prozent der Befragten waren informiert, nur zwei Prozent hatten einen solchen Tarif bisher genutzt. Auch hier zeige sich, so Köhler, »die Zufriedenheit mit dem Sachleistungsprinzip ist hoch, der Anreiz in die Kostenerstattung zu wechseln, ist für gesetzlich Versicherte damit derzeit sehr gering«.
In der Umfrage, die vom 31.Mai bis 18. Juni 2010 stattfand, war auch die elektronische Gesundheitskarte ein Thema, von der immerhin 63 Prozent der Befragten bereits gehört hatten. Die Mehrheit konnte allerdings nicht einschätzen, ob sie sinnvoll ist. Dass diese Karte in Zukunft den Kassen ermöglicht, den Versichertenstatus online zu überprüfen und Informationen gibt, ob ein Arztbesuch stattgefunden hat, halten 35 Prozent für gut und 26 Prozent für nicht gut. 38 Prozent haben kein Urteil. Demnach zeigten sich die Versicherten nur wenig sensibel in Bezug auf die Onlineabrufbarkeit ihrer Daten, so die KBV.
Insgesamt zeigte die Befragung viele Ähnlichkeiten mit denen früherer Umfragen: Neuerungen werden demnach kaum wahrgenommen. Wichtig dagegen scheint allen Versicherten das Vertrauen zum Arzt zu sein: 92 Prozent all jener, die im vergangenen Jahr einen Arzt konsultiert haben, sprechen ihm eine hohe oder gar sehr hohe Vertrauenswürdigkeit aus. Der gleiche Wert ergab sich bei der Einschätzung der fachlichen Kompetenz. Beim Vertrauensverhältnis schneiden Hausärzte, Frauenärzte und Internisten am besten ab.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.