Lügen, Briefe und ein Widerruf
Die HSH-Nordbank versinkt in Skandalen
Nein, es stimmt alles nicht. Es hat keinen Geheimauftrag gegeben, in die Wohnräume eines Vorstands einzudringen. Oder fingierte Nachrichten zu versenden. Es wurden keine Abhöranlagen in Firmenräumen installiert. Und er hat das alles auch nie gesagt.
Das ist der neueste Stand in dem Intrigenspiel um die HSH-Nordbank – präsentiert von dem namenlosen 42-Jährigen, der abwechselnd als »Sicherheitsberater« und »Privatermittler« bezeichnet wird und eine Schlüsselfigur ist in der Affäre um den Rauswurf des HSH-Nordbank-Vorstands Frank Roth im April 2009. Nach nicht einmal einem Jahr im Amt war Roth damals gefeuert worden, weil er angeblich Geheimnisse an die Presse verraten haben sollte. Roth hat das stets bestritten – und noch am Wochenende hatte es so ausgesehen, als käme nun heraus, was wirklich passiert ist: Nach einem Bericht im »Spiegel« sahen die Staatsanwälte, die auf Antrag der Bank gegen Roth ermittelt hatten, nicht nur keinen Tatverdacht. Sie wollten sogar nicht ausschließen, dass Roth Opfer eines Ränkespiels geworden sei, in dem falsche Spuren gelegt wurden. Dazu soll nach dem Bericht unter anderem jener Sicherheitsberater beschäftigt worden sein.
Der »Spiegel« berichtet von einem vertraulichen Treffen am 29. Juli 2010 in einer Hamburger Kanzlei. Nach dem Protokoll dieser Versammlung stelle sich der Vorgang folgendermaßen dar: Demnach sollen der Chefjustiziar der Bank und die damalige Chefin der Unternehmenskommunikation, Michaela Fischer-Zernin, den Mann Anfang 2009 auf Roth angesetzt haben. Daraufhin sei der »Berater« in Roths Wohnung eingedrungen, um die Telefonleitung zu manipulieren. Der »Berater« soll auch zugegeben haben, selbst das Papier verschickt zu haben, aufgrund dessen Roth dann herausflog, weil es angeblich außer ihm niemand bekannt gewesen sei, aber trotzdem aus dem Haus geschleust wurde – und dann Bankchef Jens Dirk Nonnenmacher anonym zuging. Der Chefjustiziar bestreitet, solche Aufträge gegeben zu haben. Das Protokoll soll dennoch die Grundlage sein für neue Ermittlungen gegen die Bank.
Doch nun, keine zwei Tage nach Erscheinen des Artikels im »Spiegel«, hat der »Berater« komplett widerrufen. Das Protokoll beinhalte keine Sachverhalte. Was es ihm an Bekenntnissen in den Mund lege, seien nur Antworten auf hypothetische Fragen gewesen, die im Protokoll irreführend zusammengeschrieben worden seien. Dieses Dementi wird die offizielle Version des »Beraters« bleiben. Er hat es beglaubigen lassen.
Sind das Geheimtreffen und das Protokoll authentisch, und der »Berater« hat nun kalte Füße bekommen? Oder ist das »Protokoll« selbst Teil einer neuerlichen Chefetagenintrige bei der Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein? Es wird sich zeigen müssen. Dem Ruf der Bank, die vor der Krise stets als seriös gegolten hatte, nutzt weder die eine noch die andere Wahrheit. Immerhin das steht fest.
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