Regierung Carstensen muss zittern

Landesverfassungsgericht entscheidet über Korrektheit der Mehrheiten im Landtag von Kiel

  • Dieter Hanisch, Kiel
  • Lesedauer: 3 Min.
Am Montag hat Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen seinen erneuten Anspruch auf das Amt als CDU-Landeschef bekräftigt. Womöglich ist das eine persönliche Vorentscheidung schon für die nächste Wahl. Denn diese könnte schneller kommen als gedacht.

Am nächsten Montag tagt das schleswig-holsteinische Landesverfassungsgericht. Der 30. August könnte zu einem historischen Datum für das »Land zwischen den Meeren« werden. Denn womöglich ordnet das Gericht Neuwahlen an. Es hat das derzeitige Landeswahlgesetz und dessen Auslegung nach der letzten Wahl im September vergangenen Jahres zu bewerten, weil die Grünen und der Südschleswigsche Wählerverband eine Normenkontrollklage eingereicht hatten, die LINKE schloss sich mit einer Wahlprüfungsbeschwerde an. Denn CDU und FDP verfügen über eine Sitzmehrheit im Parlament, obwohl sie nicht die Mehrheit der abgegebenen Zweitstimmen auf sich vereinen konnten. Auch wenn das siebenköpfige Richtergremium sich am Donnerstag noch einmal abschließend beraten wird, soll sich dem Vernehmen nach eine Mehrheit festgelegt haben und neben einer Änderung des Wahlgesetzes auch Neuwahlen bis spätestens Ende 2012 vorgeben. Die reguläre Legislaturperiode endet erst im Herbst 2014.

Reform bisher verzögert

Im Kieler Parlament sitzen derzeit 95 statt 69 vorgesehener Abgeordneter. Grund sind elf Überhangmandate für die CDU und eine vom Gesetz bestimmte Proporz-Anrechnung dieser Mandate für die anderen Parteien. Jedoch wurde der Ausgleich nur für acht Überhangmandate berechnet. Haben CDU und FDP aktuell 48 Abgeordnete und die Opposition 47, so hätte bei einer vollständigen Ausgleichsberechnung die Opposition 51, die Regierung jedoch nur 50 Sitze. Für den Düsseldorfer Parteienrechtler Martin Morlok ist dies rechtswidrig, die Regierung von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) wäre damit ohne rechtliche Legitimation. Als Kommentar dazu fiel Carstensen nur ein, das bisherige Wahlgesetz sei unter einer grünen Justizministerin auf den Weg gebracht worden.

Da ein weiteres Aufblähen des Parlaments nicht im Sinne der Urheber der Landesverfassung wäre, käme bei einer Änderung des Wahlgesetzes nur eine Reduzierung der derzeit 40 Wahlkreise in Frage. Mit solch einer Reform hatten sich bisher CDU und SPD schwer getan, weil sie eine Beschneidung regionaler Machteinflüsse fürchten.

Wegen möglicher vorgezogener Wahlen schießen nun auch Spekulationen über das Führungspersonal von Union und Sozialdemokraten ins Kraut. Wird Carstensen noch einmal als Spitzenkandidat antreten? Zumindest stellt er sich nächsten Monat noch einmal als Landesvorsitzender zur Wahl. Dies betonte er bei einer Landesvorstandssitzung seiner Partei am Montagabend in Flensburg. Dennoch ist es unruhig innerhalb der CDU, wozu auch ein Streit um die Schaffung des Amts eines Generalsekretärs beiträgt. Ebenso gärt es bei der SPD, auch wenn der Disput um die Doppelfunktion von Ralf Stegner an der Fraktions- und Parteispitze zuletzt leiser ausgetragen wurde als unmittelbar nach der Wahlniederlage. Beobachter rechnen damit, dass Stegner im Falle einer vorgezogenen Wahl möglicherweise auf einem Landesparteitag Anfang nächsten Jahres auf den Landesvorsitz verzichtet, einen seiner Gefolgsleute für den Posten gewinnt und sich dann ganz auf die Spitzenkandidatur für das Amt des Regierungschefs konzentrieren wird.

Störung für Sparplaner

Beobachter weisen zudem auf die Brisanz vorgezogener Wahlen auch für die Planungen auf Landes- und Bundesebene hin. Die Haushaltsberatungen samt von Schwarz-Gelb angekündigtem Sparpaket voller gravierender sozialer Einschnitte würden somit jedenfalls noch einmal eine besondere Brisanz erhalten. Wer will sich mit seinen Entscheidungen gern unbeliebt machen?

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