Spät. Zu spät?

  • Claus Dümde
  • Lesedauer: 1 Min.

Besser spät als gar nicht, könnte man sagen. Wenn in Kürze ein Gesetz in Kraft träte, das uns vor gefährlichen Gewalttätern schützen kann, die aus »Sicherungsverwahrung« entlassen wurden oder noch werden müssten. Denn deren nachträgliche unbefristete Inhaftierung in Strafanstalten bezeichneten europäische Richter im Gegensatz zum Bundesverfassungsgericht als menschenrechtswidrig.

Das Straßburger Urteil war absehbar. Denn »Sicherungsverwahrung« hierzulande unterscheidet sich meist kaum von Strafhaft. Und ist seit 1998 oft wirklich lebenslang. Nach Ex-Kanzler Schröders Parole: »Wegsperren, und zwar für immer.« Therapien zur Vorbereitung der Täter auf ein gewaltloses Leben in Freiheit waren unzureichend. Und so prognostizierten Gutachter häufig: weiterhin sehr gefährlich. Deshalb ticken heute womöglich mehr »Zeitbomben« denn je.

Die Politik nahm das in Kauf. Nach dem Urteil vom Dezember 2009 legte die Bundesregierung Beschwerde ein, statt endlich zu handeln. Und scheiterte im Mai erneut. »Sicherheitspolitiker« der Union fielen über Europa-Richter und FDP-Rechtspolitiker her, oft unflätig. Da fällt es schwer zu glauben, dass die nun von Innen- und Justizministerium präsentierte »Einigung« mehr als eine Scheinlösung ist. Denn gefährliche psychisch Kranke können längst zwangsweise untergebracht werden. Aber eben nicht in den Knast gesteckt werden. Das wissen selbst Juristen im Ministeramt.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.