Wenn's ein bisschen leckt

Bürger und Umweltverbände protestieren in Berlin gegen CCS-Gesetz

  • Johanna Treblin
  • Lesedauer: 3 Min.
Am Freitag gaben Umwelt- und Wirtschaftsverbände ihre Stellungnahmen zum geplanten Gesetz über die unterirdische CO2-Speicherung (CCS-Gesetz) ab. Eingeladen hatten das Umwelt- und das Wirtschaftsministerium, die einen entsprechenden Entwurf erarbeitet hatten. Parallel dazu protestierten betroffene Bürger und Umweltorganisationen.

»Ich lass richtig vom Stapel heute«, sagt Udo Schulze und ist dann schon wieder weg. Hände schütteln, Mitstreiter begrüßen. Am Freitag wurden im Bundeswirtschaftsministerium die Verbände zum CCS-Gesetzentwurf angehört. Vor dem Gebäude protestierten Umweltorganisationen und Bürgerinitiativen und boten in ihren Warnwesten den eintreffenden Wirtschaftsvertretern ein gelb leuchtendes Empfangskomitee.

Unter ihnen war auch Udo Schulze von der Bürgerinitiative »CO2-Endlager stoppen« aus dem Landkreis Oder-Spree in Brandenburg. »Vom Stapel lassen« wollte er seine Ansichten allerdings im Gebäude – als Teilnehmer der Anhörung. »Wir wollen ein wirksames Widerspruchsrecht der Bürger!« Bisher sei eine angemessene Beteiligung der Einwohner der betroffenen Regionen nicht Teil des Gesetzentwurfs.

Der von Bundeswirtschafts- und Bundesumweltministerium vorgelegte Gesetzesentwurf soll die Erprobung der Verpressung und unterirdischen Speicherung von Kohlendioxid regeln. Eine entsprechende Versuchsanlage plant der Energiekonzern Vattenfall in Brandenburg. Vom dortigen Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe hat der Konzern bereits die Genehmigung erhalten, in den Orten Beeskow und Neutrebbin zu prüfen, ob sich die geologischen Strukturen für eine Einlagerung des Klimagases CO2 eignen.

Viele Bürger sind jedoch dagegen. »Wir wollen, dass unsere Region sauber bleibt«, sagt Herbert Wenzke aus Beeskow. Vattenfall gehe es nur darum, Kohle als Energieträger am Leben zu erhalten, nicht aber darum, das Klima zu schützen, indem weniger Kohlendioxid in die Atmosphäre gelangt. Die Sicherheit der Bevölkerung gehe bei dem Vorhaben aber unter. »Wenn es ein bisschen leckt, ist das nicht schlimm – das ist die Mentalität von Vattenfall«, sagt Wenzke.

Um ihrem Widerstand Ausdruck zu verleihen, sind die Vertreter vieler Bürgerinitiativen nach Berlin gefahren. Sie kommen aus Beeskow und Neutrebbin, aber auch aus Stendal in Sachsen-Anhalt, wo das Energieunternehmen Gaz de France ein CCS-Projekt mit dem Konzern Vattenfall plant. Derzeit liegt es allerdings noch auf Eis, bis es eine gesetzliche Regelung für das Verfahren gibt.

»Beim CCS-Gesetz gibt es noch immer ein ganz großes Durchein-ander«, sagt Oliver Krischer. Der Energiesprecher der Bundestagsfraktion der Grünen hat sich zu den Protestierenden gesellt. Viele Fragen blieben weiter ungelöst, auch nach der Anhörung der Bundesländer zum Gesetzentwurf, die bereits am Donnerstag stattfand. »Zur Diskussion stand immer, welchen Einfluss die Bundesländer im Gesetzesverfahren haben sollen – nun sieht es so aus, als sollten sie gar nicht mitbestimmen dürfen.« Seit der Anhörung der 16 Bundesländer scheint auch der Zeitplan nach hinten verschoben worden zu sein: Das Gesetz sollte eigentlich ab Januar 2011 gelten, jetzt wurde der Termin auf das Frühjahr verschoben.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland hat zwar einen langen Forderungskatalog mit Änderungsvorschlägen zur Anhörung mitgebracht. »Wir wollen aber eigentlich, dass das Gesetz gar nicht erst verabschiedet wird«, sagt Energieexperte Robert Pörschmann. »CCS ist für den Klimaschutz nicht geeignet. Mit erneuerbaren Energien können wir viel schneller und kostengünstiger Kohlendioxid einsparen.«

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