Männer meiden Arzt und Sport

Senat stellte Gesundheitsbericht 2009 vor

  • Sarah Liebigt
  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin wächst und gedeiht – doch verfällt Alkohol und Nikotin. Beide Aussagen sind Interpretation des aktuellen Berliner Gesundheitsberichtes, den Senatorin Katrin Lompscher (LINKE) gestern vorstellte.

Erstmalig seit 1991 hat es im Jahr 2007 einen Geburtenüberschuss gegeben, der sich 2008 fortsetzte. Zusammen mit hohen Zuzugszahlen ergibt sich eine positive Tendenz für die Hauptstadt: 2008 stieg die Zahl der Einwohner Berlins um 15 420 auf 3 431 675, bis 2015 soll sich diese Zahl um weitere 35 000 erhöhen.

Dazu verbessere sich die Gesundheit der Berliner, sagte Senatorin Lompscher am Mittwoch. Belegt werde dies zum einen durch eine gestiegene Lebenserwartung: Frauen werden im Schnitt 82, Männer 76,9 Jahre alt. Zudem gäbe es immer bessere Ergebnisse beispielsweise bei der zahnmedizinischen Untersuchung von Erstklässlern.

Doch belegt die Lebenserwartung zugleich einen gravierenden Unterschied zwischen den Geschlechtern: Während Frauen sich aktiv um ihre Gesundheit kümmern, meiden Männer Arzt, Bewegung und gesunde Ernährung. 2008 starben doppelt so viele Männer wie Frauen im erwerbsfähigen Alter. Die Hälfte der vor dem 65. Lebensjahr verstorbenen Männer zählt zu den so genannten »vermeidbaren Sterbefällen«, also Fällen, die durch Diagnostik und Therapie zu vermeiden wären. Etwa drei Viertel dieser vermeidbaren Fälle gingen 2008 zu Lasten des individuellen Lebensstils: Alkoholmissbrauch, Rauchen, körperliche Inaktivität und ungesunde Ernährungsgewohnheiten waren die Hauptursache. 15 Prozent der 20- bis 44-jährigen Männer suchten keinen Arzt auf. In diese Altersspanne fallen aber beispielsweise wichtige Vorsorguntersuchungen der Krebsfrüherkennung.

Die häufigste Todesursache bei Frauen und Männern war Lungenkrebs, gefolgt von Brustkrebs bei Frauen und Herzinfarkt bei Männern sowie alkoholbedingten Erkrankungen an dritter Stelle.

Ein problematischer Alkoholkonsum ist demnach deutliches Problem beider Geschlechter. Um 66 respektive 84 Prozent lag die Sterblichkeitsrate an Alkoholsucht bei Frauen und Männern deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Unter den 50- bis 65-Jährigen konsumiert jeder fünfte Alkoholmengen, die mit gesundheitlichem Risiko verbunden sind. Die Saat für problematischen Alkoholkonsum wird bereits früh gesät: Laut Suchtumfrage nahm jeder fünfte Jugendliche zwischen 12 und 17 in 30 Tagen vor der Befragung am »Flatrate-Saufen« teil, 65 Prozent der 15- bis unter 18-Jährigen hatten in den 30 Tagen Alkohol konsumiert. Katrin Lompscher machte daher verstärkt auf die Ziele der nötigen Präventionsarbeit aufmerksam. Erreichen müsse man bei Kindern »die Abstinenz von Drogen« sowie bei Jugendlichen und Erwachsenen eine bewusste und kritische Haltung gegenüber Alkohol und Nikotin.

Laut Gesundheitsbericht hängen Lebenserwartung und Gesundheit zudem von der jeweiligen Sozialstruktur ab. »Es gibt aber weiter deutliche Unterschiede zwischen den Bezirken«, sagte Lompscher. Positive Tendenzen gab es demnach vor allem in Bezirken mit guter Sozialstruktur. »Die Daten zeigen, dass wir nicht nachlassen dürfen, für eine gesundheitsbewusste Lebensweise einzutreten.«


Gesundheit in Berlin

  • 3,42 Millionen Menschen leben in Berlin, seit 1991 gab es 2007 erstmalig wieder einen Geburtenüberschuss.
  • 2008 hat jede krankenversicherte Person im Schnitt 19 Mal einen Arzt aufgesucht, 91 Prozent aller Menschen hatten Arztkontakt.
  • Die Krankheitskosten lagen 2008 bundesweit bei 254 Mrd. Euro, 3100 je Einwohner, bei den Erwerbsfähigen liegt der Hauptanteil bei den 45- bis 65-Jährigen: 66,900 Mio. Euro.
  • Die Sterblichkeit infolge von Alkoholsucht liegt um zwei Drittel bei Frauen und um 84 Prozent bei Männern über dem Bundesdurchschnitt.
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