Juso-Chef in NRW macht Druck auf Rot-Grün

Veith Lemmen fordert frühere Abschaffung der Studiengebühren / LINKE soll mit ins Boot

  • Marcus Meier
  • Lesedauer: 2 Min.
Veith Lemmen, neuer Vorsitzender der Jungsozialisten in NRW, will die Studiengebühren im einwohnerstärksten Bundesland schneller abschaffen als von Rot-Grün geplant. Die LINKE dürfe derweil einen Kompromiss nicht blockieren, fordert Lemmen.

Veith Lemmen weiß, welche Folgen Studiengebühren gerade für Studierende aus sozial schwachen Familien haben. Er hat sie beraten – als Vorsitzender des Allgemeinen Studierendenausschusses der Uni Münster.

Am Samstag wurde Lemmen zum nordrhein-westfälischen Landesvorsitzenden der Jungsozialisten gewählt. Kaum im Amt, fordert der 26-Jährige mehr Tempo bei der Abschaffung der Studiengebühren in NRW. Die Landesregierung, bestehend aus der Juso-Mutterpartei SPD und den Grünen, will sie zum Wintersemester 2011/12 abschaffen. Vor wenigen Tagen hat das Kabinett einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt.

»Es ist gut, dass Rot-Grün das Thema konsequent angeht«, übt Lemmen sich in der Kunst der Differenzierung. Die Landesregierung müsse aber »nachhaltig prüfen«, ob die Abschaffung nicht früher möglich sei, nämlich zum Sommersemster 2011. »Wenn es möglich ist, sollte man es tun. Wenn nicht, muss man zumindest die Gründe transparent darlegen.«

Als Problem sieht Lemmen die Gegenfinanzierung: »Ich möchte nicht, dass Hochschulmitarbeiter entlassen werden müssen, weil akut das Geld für ihre Bezahlung fehlt.« Doch hätten viele Hochschulen nicht in eine bessere Lehre investiert, sondern »Rücklagen gebildet, die Einnahmen aus Studiengebühren regelrecht gebunkert«, sagt der Juso-Chef.

Rot-Grün fehlt im Landtag eine Stimme zur eigenständigen Mehrheit. CDU und FDP befürworten Studiengebühren vehement. Mit ihrer Unterstützung ist nicht zu rechnen ist. Die Linksfraktion will die als extrem unsozial empfundene Uni-Maut sofort abschaffen. Die Studiengebühren könnten sofort durch einen Nachtragshaushalt kompensiert werden. Fraktionschef Wolfgang Zimmermann betont, die LINKE sei kompromissbereit, jedoch keine »Mehrheitsbeschafferin« für Rot-Grün.

Lemmen mahnt derweil zu Pragmatismus: SPD, Grüne und LINKE dürften »das gemeinsame Ziel, Studiengebühren abzuschaffen, nicht aus den Augen verlieren«. Zwar könne er ihre Position nachvollziehen. Doch dürfe es nicht passieren, »dass die LINKE die Abschaffung blockiert, weil ihr das Datum nicht passt«. Immerhin, ein Kompromiss erscheint denkbar: Denn bald schon sind »zum nächsten Sommersemester« und »sofort« schlicht synonyme Zeitangaben.

Erstmals wurden Studiengebühren in NRW von einer Sozialdemokratin eingeführt. Bevor Schwarz-Gelb bei allen Hochschülern zulangte, bat die heutige Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, damals Wissenschaftsministerin, ab 2003 Studierende zur Kasse, die ihr Studium nicht in der eng bemessenen Regelstudienzeit abschlossen. Ein Fehler? »Aus meiner Sicht war die Einführung der Gebühren für Langzeitsstudierende definitiv ein Fehler«, sagt Lemmen. Durch sie würden gerade diejenigen bestraft, die wenig Geld haben, deswegen viel jobben müssten und dann die Regelstudienzeit überschritten. Seine Parteifreundin habe das eingesehen: »Hannelore Kraft selbst sagt heute, dass auch diese Gebühren keine Option mehr sind.«

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