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Das Kind irrt
Jan Eik taucht per Krimi ins Jahr 1932
Auf Seite 106 will Hartmut, der zwölfjährige Sohn des Kommissars, uns doch tatsächlich zur Lösung des Mordrätsels führen. Sein Vater aber lacht nur nachsichtig, währenddessen der Leser aufmerkt. Der Junge hat aus dem Roman »Der Brand der Cheopspyramide« von Hans Dominik wenigstens eine Ahnung von der Bedeutung der Atomforschung gewonnen, während dem Kommissar Hermann Kappe das alles zu hoch und sowieso dubios ist. Dominiks Fantasien sind ihm ziemlich egal, er steht unter Druck, einen Mord aufzuklären.
Eine attraktive Blondine, Elisabeth Tirschenreuth, ist erdrosselt worden. Sie war Mitarbeiterin von Dr. Harry Bernsdorff, der in Berlin ein Atomlabor betreibt, hat sich aber eher um Geschäftsabwicklungen gekümmert. Stimmt es, dass Bernsdorff aus Quecksilber Gold machen will, wie gemunkelt wird? Kappe weiß: Auf dem Strausberger Platz ist vor Zeiten schon mal einer gehängt worden, weil er dem König versprochen hatte, Blei in Gold zu verwandeln. Und was er auch weiß: dass sein Vorgesetzter – der rechten Presse folgend – diesen Dr. Bernsdorff gern in Haft sähe. Ein Jude als Mörder entlarvt, das passte zur aufgeheizten Atmosphäre des Jahres 1932. Entsprechend ist uns, den heutigen Lesern, von vornherein klar, dass Dr. Bernsdorff auf jeden Fall unschuldig ist.
Das kann Kommissar Kappe nur dadurch beweisen, dass er den echten Mörder findet. Schwierig, schwierig. Der Autor legt verschiedene Spuren aus, lässt uns unsere Vermutungen anstellen, aber mich hat er doch am Schluss überrascht. Also kann ich der Rezension nicht die Überschrift geben »Das Kind hat Recht«. Im Atomlabor, so viel darf verraten werden, befindet sich der Schlüssel zur Lösung des Falls bestenfalls indirekt. Das Motiv des Täters ist schnöde, er ist einfach ein miserabler Kerl. Man muss sich damit abfinden, dass es solche Leute gab und gibt, denkt man beim Lesen; schlimm ist es, wenn gesellschaftliche Strukturen niedere Motive begünstigen.
Helmut Kappe würde nicht zum Helden einer Krimiserie taugen – immerhin wird sein 12. Fall beschrieben – wäre er nicht eine ehrliche Haut. Ein Polizist, der seinen Beruf so ernst nimmt, dass die Familie ihm schon böse ist. Aber dass Detektive keinen Achtstundentag haben, zu wenig schlafen und unregelmäßig essen, wissen wir ja schon aus der Literatur.
Das besondere Markenzeichen von Jan Eik ist die genaue Recherche, sind die Hintergrundinformationen. Fast könnte man sagen, dass er sich des Krimigenres gekonnt bedient, um uns Berlin zu verschiedenen Zeiten atmosphärisch nahezubringen. Mittels interessanter Gestalten gelingt ihm beinahe schon ein Querschnitt der Gesellschaft. Besondere Mühe gibt er sich mit der Beschreibung von Orten und Wegen. So ist es mitunter, als ob sich über den heutigen Berliner Stadtplan einer von damals legt. Das mag Berliner Leser besonders faszinieren.
Jan Eik: Goldmacher. Kriminalroman. Jaron Verlag. 205 S., brosch., 7,95 €.
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