Drei Punkte ins Herz des Weltmeisters
Serbien schlägt bei der Basketball-WM in der Türkei Spanien und trifft nun auf entfesselte Gastgeber
Das Aus traf den Titelverteidiger wie aus dem Nichts. 40 Minuten waren die Spanier im Viertelfinale der Basketball-WM gegen Serbien fast pausenlos einem Rückstand hintergelaufen. Doch nach einem krachenden Dunk von Marc Gasol zum 89:89-Ausgleich 25 Sekunden vor dem Ende schienen die Iberer in der bevorstehenden Verlängerung im Vorteil – bis Milos Teodosic mit einem Dreipunktwurf aus fast zehn Metern zum 92:89 den spanischen Traum von der Titelverteidigung doch platzen ließ.
»Der Drei-Punkte-Wurf des Serben machte der spanischen Herrschaft im Basketball ein Ende«, konstatierte die Tagezeitung »El País« am Donnerstag. »Er war wie der Todesstoß eines Stierkämpfers und durchbohrte das Herz des Weltmeisters.« Während Teodosic von seinen Mitspielern vor Freude fast erdrückt wurde, schlichen die Spanier wie begossene Pudel aus dem Sinan-Erdem-Dome. »Nun wird es schwer, die Spieler für den Kampf um Platz fünf zu motivieren, denn sie haben zuletzt immer um den Titel gespielt«, sagte Spaniens Trainer Sergio Scariolo.
Erstmals seit Olympia 2004 stehen die Spanier bei einer Großveranstaltung nicht im Halbfinale. Weltmeister 2006, Europameister 2009, Olympiazweiter 2008 – außer dem Dream Team aus den USA schien sie keine Mannschaft der Welt gefährden zu können. Doch in einem starken serbischen Team fand der Champion am Mittwochabend seinen Meister.
Wie bei der EM im vergangenen Jahr waren die spanischen Superstars holprig ins Turnier gestartet, schienen aber rechtzeitig wieder Fahrt aufzunehmen. Der Achtelfinalsieg gegen die Griechen weckte Hoffnungen auf den nächsten Erfolg. In der Neuauflage des EM-Finales von 2009 war es mit der spanischen Herrlichkeit aber wieder vorbei. Ohne den pausierenden Superstar Pau Gasol vom NBA-Meister Los Angeles Lakers und den verletzten José Calderón von den Toronto Raptors reichte die Qualität nicht, um die junge serbische Mannschaft zu besiegen.
Riesenjubel herrschte dagegen in Belgrad. »Adios, amigos«, titelten die Zeitungen. Nach fünf WM-Siegen des ehemaligen Jugoslawiens greift das Team von Trainer Dusan Ivkovic wieder nach der Basketballkrone. »Mein Team ist unglaublich«, meinte Ivkovic überschwänglich, »aber jetzt müssen wir uns auf das Halbfinale vorbereiten.«
Dort erwartet die Serben mit den auch beim 95:68 gegen Slowenien wie entfesselt spielenden Türken der nächste harte Brocken. Die spielten sich vor 15 500 enthusiastischen Zuschauern in einen Rausch. Bis zur Pause versenkten sie unglaubliche acht von elf Dreiern und lagen so zur Halbzeit bereits mit 19 Punkten vorne. Überragender Akteur war Ersan Ilyasova von den Milwaukee Bucks mit 19 Punkten. Ein Aufeinandertreffen mit den USA (nach Redaktionsschluss gegen Russland) käme frühestens im Finale zustande. Im letzten Viertelfinale trafen gestern Abend die Litauer auf Argentinien.
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