Blech statt WM-Gold für Frodeno
Triathlon: Olympiasieger scheitert an selbstgestellter Herkules-Aufgabe
Triathlon-Olympiasieger Jan Frodeno hat die selbstgestellte Herkules-Aufgabe nicht bewältigt und ist auf der Jagd nach dem WM-Titel in Budapest an sich selbst gescheitert: Blech statt Gold. Der Musterprofi hatte im Sturzchaos und Regenrennen von Budapest gegen den Weltmeister Javier Gomez (Spanien) keine Chance.
»Ich habe alles versucht und 101 Prozent gegeben, aber es hat nicht gereicht. Ich bin maßlos enttäuscht. Es war wie verhext. Meine Beine waren heute wie gelähmt. Ich konnte einfach nichts machen«, kommentierte Frodeno mit Tränen in den Augen die vergebliche Jagd nach dem Double.
Umso erfreulicher: Steffen Justus (Schramberg) holte hinter dem neuen Titelträger Javier Gomez WM-Silber.
Mit einem Vorsprung von 231 Punkten auf Gomez war Frodeno am Samstag vor Selbstbewusstsein strotzend an den Start gegangen. Als erster Triathlon-Olympiasieger wollte der Saarbrücker auch Weltmeister werden. Aber in der Endabrechnung hatte der 29-jährige Musterprofi mit 2963 Punkten in der siebenteiligen WM-Rennserie nur Rang vier hinter Gesamtsieger Gomez (3792) und dem Schramberger Vizeweltmeister Steffen Justus (3139) erreicht.
»Dass ich es hier noch auf's Treppchen schaffe, ist der Wahnsinn«, strahlte Justus, der als Gesamtfünfter ins Rennen gegangen war. »Ich hatte schon davon geträumt, hätte aber nie gedacht, dass es wirklich klappt. Für mich lief es schon beim Schwimmen gut, und auf der Laufstrecke habe ich dann endgültig gespürt, dass dies heute mein Rennen wird.«
Frodeno hätte für den WM-Titel »nur« Dritter werden müssen. Er landete nach 1,5 km Schwimmen, 40 km Radfahren und 10 km Laufen mit 1:45:56 Stunden aber nur auf Rang 41 – weit hinter dem britischen Tagessieger Alistair Brownlee (1:42:26), Gomez (1:42:30) und Justus (1:43:04). Gomez eroberte nach 2008 zum zweiten Mal den WM-Titel. Dem 27-jährigen Freund der deutschen Triathletin Ricarda Lisk reichte Platz zwei im Finale der Weltcup-Serie zum WM-Gold. Frodeno war ausgerechnet in seiner stärksten Disziplin Laufen eingebrochen. Hier verlor er 3:30 Minuten auf die Spitze.
Schon in den Wochen zuvor durchlebte er eine kritische Phase, die er in einem Zeitungsinterview sogar als »Burn-Out« bezeichnete. »Das war eine ganz seltsame Situation, in der ich mich kaum wieder erkannt habe. Ich wusste überhaupt nicht mehr, wohin mit mir. Ich hatte überhaupt gar keinen Bock mehr, auch nicht aufs Training«, schilderte Frodeno. Das hatte sich an seinem 29. Geburtstag am 18. August angekündigt, als er plötzlich das Kopfproblem bekam.
»Ich habe mich konsequent abgeschottet. Es war plötzlich alles zu viel, die Interviews und Sponsorentermine«, beschrieb er seinen Ausnahmezustand. Trotzdem fühlte er sich fit genug: »Ich hatte Angst, zu früh fit zu sein. Ich war noch nie so fit.« Doch in Budapest lief das selektive Rennen bei schlechtesten Straßenverhältnissen, regenbedingtem Schmierseifen-Straßenbelag, vielen Stürzen, 18 Grad Luft- und 14 Grad Wassertemperatur gegen Frodeno. »Ich hatte einen Kälteschock. Aber an Aufgabe habe ich nie gedacht«, gestand Frodeno. Doch als die Beine versagten, reichte auch Frodenos Wille nicht mehr. »Es war schon traurig, Jan auf der Laufstrecke leiden zu sehen«, meinte sein Konkurrent Gomez. Ein nur schwacher Trost. Resultate Seite 19
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