• Nachruf

Thomas Marxhausen

  • Rolf Hecker
  • Lesedauer: 2 Min.

Ein außergewöhnlich scharfsinniger Marxist ist aus dem Leben geschieden. Thomas Marxhausen ging es stets ums Ganze: die Marxsche Theorie historisch begreifen, das Brechtsche Denken nutzbar machen und den »realen« Sozialismus kritisieren. Thomas Marxhausen (1947-2010) reklamierte für sich selbst »Kritik als Lebensform«, wie er schon 1985 einen Aufsatz in Bezug auf Brecht titelte.

Sein Lebensweg war mit der Martin-Luther-Universität in Halle eng verbunden; dort promovierte er, dort war er Lehrer, Dozent und Professor. Seine Studenten werden seine Vorlesungen im Grundlagenfach zur politischen Ökonomie sicher nicht vergessen. Er nahm dann den Ruf als Gastprofessor an die Universität Aden an und erlebte somit den Zusammenbruch der DDR nur aus der Ferne. Es folgten Abberufung, »Warteschleife« und Entlassung aus der Hallenser Universität. Thomas M. wurde Dozent in privaten Bildungseinrichtungen, forschte und publizierte jedoch weiter. Im vergangenen Jahr erschien in einer Schriftenreihe des Vereins Helle Panke seine Studie »DDR 1989/90 – Revolution oder Konterrevolution?«.

Thomas M. hatte über Marxens Untersuchung zur »Auflösung der Ricardoschen Schule« habilitiert. Das Thema stand im Kontext mit den MEGA-Editionsarbeiten der »Theorien über den Mehrwert« als Bestandteil des Marxschen ökonomischen Manuskripts von 1861-63. Seine theoriegeschichtlichen Forschungen trugen zur Klärung von Marxens Anteil an der von J. G. Eccarius verfassten Schrift »Eines Arbeiters Widerlegung der national-ökonomischen Lehren John Stuart Mills« bei, die er für MEGA² I/20 bearbeitet hat.

Mehr als zehn Jahre war Thomas M. ehrenamtlicher Redakteur des »Historisch-kritischen Wörterbuchs des Marxismus«. Er arbeitete wichtige Stichworte aus (u. a. Fabrikgesetzgebung, Fetischcharakter der Ware, Geheimdiplomatie, historische Mission der Arbeiterklasse, Kapital-Editionen, Kautskyanismus, klassische politische Ökonomie, Kommunistisches Manifest, Konsumtion), redigierte und diskutierte. Vor allem immer wieder »Das Kapital«. Vor wenigen Wochen referierte er in einem Seminar der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Berlin über die historischen Konflikte bei der Edition der Manuskripte zum unvollendeten Hauptwerk von Marx. Dazu hatten wir ein gemeinsames Projekt verabredet – es wird unvollendet bleiben.

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