Das etwas andere Unternehmen
Die kolumbianische Restaurantkette Crepes & Waffles setzt auf Alleinerziehende
Luz Marina Arjaez räumt den Tisch ab, dann wischt sie über die dunkelbraune Tischplatte und anschließend legt sie an jeden der vier Plätze ein Papierdeckchen mit dem markanten Firmenlogo. »Fertig«, sagt sie. Die nächsten Gäste können kommen.
Das Logo, ein angeknabberter Eierkuchen unter dem Wort »Crepes« und über dem Wort »Waffles«, ist in Kolumbien überaus bekannt. Zwei Dutzend Restaurants unterhält die Kette Crepes & Waffles allein in der Hauptstadt Bogotá – und sie laufen exzellent. Davon zeugen die vollen Tische in der Filiale in der Avenida 22. Luz Marina Arjaez hat alle Hände voll zu tun, um den Wünschen der Kunden nachzukommen. Die ehemalige Bankangestellte ist hier seit einigen Monaten Filialleiterin. Als solche trägt die 48-Jährige nicht die fesche, weiße Uniform der Frauen am Tresen, die Eierkuchen, Waffeln, Salate und einen ganze Reihe anderer Speisen in Serie zaubern. Sie legt nur noch Hand an, wenn Not am Mann ist, und ist ansonsten für die Koordination zuständig. Not an der Frau muss es allerdings bei Crepes & Waffles heißen, denn die Restaurantkette beschäftigt vor allem Frauen.
Mütter ausdrücklich erwünscht
»Viele meiner Kolleginnen sind alleinerziehende Mütter, denn bei Crepes & Waffles werden Frauen gefördert«, erläutert die Filialleiterin. »Das ist Konzept bei uns«, fährt sie fort und deutet mit der Hand auf den Tresen, hinter und vor dem ausschließlich Frauen zu sehen sind. Ein Restaurant in Frauenhand – damit sind die Inhaber der Kette, Beatriz Fernández und Eduardo Macía, gut gefahren. Sie geben denen eine Chance, die sonst nur selten eine bekommen – alleinerziehenden Müttern.
Deutlich über 90 Prozent der Angestellten sind Frauen. In der Konzernzentrale im Stadtviertel Toberín im Norden Bogotás schiebt Chefin Beatriz Fernández schon mal einen der wenigen Männer in den Vordergrund, wenn sie im Kreise der Angestellten für ein Foto posiert. »Wir haben nichts gegen Männer, aber wir setzen auf das besondere Verantwortungsgefühl und das Engagement der Frauen«, sagt die großgewachsene adrette Unternehmerin und blickt kokett in die Kamera.
Fernández ist für das Kreative bei Crepes & Waffles zuständig – für die Speisekarte, die Kochbücher und die Öffentlichkeitsarbeit. Ihr Mann Eduardo Macía kümmert sich ums Finanzielle, plant neue Filialen, koordiniert den Einkauf und steuert die Expansion der Gastronomiekette, die mittlerweile fast 2000 Angestellte beschäftigt.
Soziale Verantwortung keine leere Phrase
Auszeichnungen hat das Unternehmerpaar in den letzten Jahren zuhauf erhalten. Nicht allein, weil das 1980 gegründete Unternehmen erfolgreich in Nachbarländer wie Peru und Venezuela, aber auch nach Spanien expandiert ist, sondern auch weil soziale Verantwortung keine leere Phrase ist. Angestellten, die länger als ein Jahr zum Betrieb gehören, wird die Gesundheitsversorgung bezahlt. Und auch beim Bau der eigenen vier Wände greifen die Chefs den Frauen unter die Arme. »Wir helfen mit zinslosen Krediten«, erklärt Beatriz Fernández, »denn ohne Sicherheiten gibt es in Kolumbien keine Kredite«, erklärt die diplomierte Betriebswirtschafterin.
Ihr Motto »Kunst mit Liebe und Fröhlichkeit zu vernünftigen Preisen servieren« prangt hinter dem Tresen von so mancher der eleganten Filialen. Gezahlt wird kaum mehr als der kolumbianische Mindestlohn von umgerechnet 226 US-Dollar, doch kommt ein Anteil an den Trinkgeldern hinzu. »Bei den meisten Frauen liegt der deutlich über dem Lohn und so wird der Job erst attraktiv«, erklärt Luis Norberto Ríos. Nichts Ungewöhnliches in der Branche, so der Gewerkschafter, der in Medellín an der Gewerkschaftsschule ENS lehrt. Er hält Crepes & Waffles zugute, vielen Frauen eine Chance geboten zu haben, ihre soziale Situation zu verbessern. »Das ist viel wert in Kolumbien, wo faire Arbeitsbedingungen alles andere als die Regel sind.« Gleichwohl hat Ríos auch einiges an dem Modell zu kritisieren, denn Gewerkschaften sind nicht sonderlich gern gesehen. »Eine Tatsache, die sich alsbald ändern sollte«, moniert Ríos.
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