Kulturzentrum China

Naturzauber

  • Volkmar Draeger
  • Lesedauer: 3 Min.

Wer traditionelle Tuschemalerei liebt, sollte sich die aktuelle Exposition im Chinesischen Kulturzentrum nicht entgehen lassen. Mit insgesamt 42 Werken von 13 Künstlern präsentieren sich dort die Stadt Tianjin und ihre Akademie der bildenden Künste. Ihren Namen »Himmelsfurt« erhielt die südöstlich von Peking nahe dem Gelben Meer gelegene 4-Millionen-Metropole während der Ming-Dynastie. Heute gilt sie als Verkehrsknoten, Industrie- und Kulturzentrum, hat das Saarland als Regionalpartner, kam 1976 in die Nachrichten. Damals erschütterte das schwerste Erdbeben des vergangenen Jahrhunderts die Region, zog auch Opfer in Tianjin nach sich. Die Geschichte Chinas mit Krieg, Besetzung, Revolution hat vor Tianjin nicht halt gemacht hat; berühmtester Sohn der Stadt ist Chinas derzeitiger Premier Wen Jiabao.

Beim Gang durch die Ausstellung fällt die Verbundenheit der Maler mit der Landschaft auf. Stürzende Bäche in grandiosen Gebirgspanoramen dominieren, wiewohl sämtliche Exponate aus neuerer Zeit stammen. Chinesische Künstler malen nicht, erfährt man, die Realität. Sie lassen sich von ihr nur inspirieren, um tief in die eigene Fantasie einzutauchen. So wundern jene Bergwelten nicht, entstanden in der Nordchinesischen Tiefebene. Jener 1979 begründeten Akademie der bildenden Künste gehören 16 professionelle, sieben assoziierte und 19 pensionierte Maler an. 19 von ihnen gelten nach chinesischer Rangfolge als »Klasse-1-Künstler«. Zwischen 1950 und 1984 geboren und damit zwei Generationen zugehörig, beherrschen sie alle brillant ihr Handwerk. Widmen sich die Älteren mit der Naturdarstellung eher dem traditionellen Sujet, klingen bei den Jüngeren durchaus kritische Töne an, wenngleich dezent zurückgenommen.

»Die Wolke verbindet Bergspitze und Himmel« auf Yan Pings gigantischer Gebirgskulisse, Hochformat wie die meisten der Arbeiten. Wie sich eine Kiefer auf einem gewaltigen Hang einsam nach unten krümmt, dringt zu mehr abstrahierender Malweise vor. Wunderbare Farbtupfer auf felsig klüftigen Grund setzt Zhang Yunhes »Berg im Herbst«; düster rieselt auf seinem anderen Werk der Bach durchs Bergland. Wang Weipings Herbstfluss ohne erhabene Hintergrundkulisse bietet feinste Komposition, die sich auch bei der Darstellung zweier Vögel im Bambusdickicht findet. Filigran, hell, wie unterm Dunstschleier »singt« bei Wu Yujing Quellwasser im ruhigen Tal. Wang Beiqiu zeigt eine bräunliche Landschaft von unendlicher Höhe und Weite, mit Vogelzug und einem winzigen Wanderer im Tal. Bei Chen Gang stürzt bedrohlich ein Wasserfall über kahle Felsen; auf der anderen Tusche lassen zwei Männer in einem Pavillon ihren Disput von einem schmal und zackig abwärts rieselnden Flüsschen nicht stören.

Auf Wu Xins »Schöne Jugendzeit« stehen frontal drei hübsche Mädchen, eins mit Palette in der Hand; ihr fast fotografisch korrekter Schach spielender Junge wirkt durchaus selbstbewusst. Von den sechs stimmungsvollen Ölgemälden in teils europäischer Auffassung fallen Wang Yangs vorzügliche Darstellungen zweier Jugendlicher aus den 1990ern auf – beide auf grauem Fond nur mit Kopf und Hals fixiert: Ist der Junge im Profil ganz in die Musik aus seinen Kopfhörern vertieft, wirkt das Mädchen weniger ernst.

Bis 23.9., Chinesisches Kulturzentrum, Klingelhöferstr. 21, Tiergarten, Telefon: 26 39 07 91 03

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