Hartz IV nach Kassenlage
Regelsätze sollen künftig an die Lohn- und Preisentwicklung gekoppelt werden
Debatte: Das Arbeitsministerium legte einen Gesetzentwurf vor, die genauen Zahlen sollen bald folgen.
Berlin (epd/ND). Die neuen Hartz-IV-Regelsätze sind auf dem Weg. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat am Montag ihren Gesetzentwurf den anderen Ministerien zugeleitet. Die Zahlen über die Höhe der neuen Regelsätze fehlen noch. Sie sollen am kommenden Montag vorliegen. Der Regelsatz wird aber voraussichtlich erhöht. Laut dpa-Informationen treffen sich die Koalitionsspitzen am Sonntag und beraten über die Höhe der Regelsätze.
Am 20. Oktober soll das Kabinett die Hartz-IV-Reform beschließen. Damit wird das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Februar umgesetzt. Die FDP will mit der Neuberechnung eine Erhöhung der Zuverdienstmöglichkeiten verknüpfen. Die Kosten sollen aus dem Arbeitsetat gegenfinanziert werden. FDP-Generalsekretär Christian Lindner relativierte aber die FDP-Forderung, wonach im Gegenzug das Arbeitslosengeld I für Ältere gekürzt werden soll. Wenn die Union einen guten Vorschlag zur Finanzierung unterbreite, bestehe man nicht darauf.
Für die neuen Regelsätze soll, wie bisher, die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe des Statistischen Bundesamtes herangezogen werden – unter Berücksichtigung einiger neuer Posten wie Internetanschluss oder Praxisgebühr. Die Regelsätze werden sich weiter am Einkommen des unteren Fünftels der Bevölkerung anlehnen.
Die jährliche Erhöhung der Sätze soll zudem nicht länger an die Rentenentwicklung gekoppelt sein. Das hatte das Verfassungsgericht unter anderem beanstandet. Stattdessen werden zu 70 Prozent das Preis- und zu 30 Prozent das Lohnniveau als Vergleichsgröße genommen. Der Paritätische Wohlfahrtsverband kritisierte die Anlehnung an Nettolöhne und Preisindex als verfassungswidrig. Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider sagte, das Gericht habe eine Orientierung am Bedarf verlangt.
Derzeit liegt der Regelsatz für Erwachsene bei 359 Euro im Monat. Der Kinder- und Jugendregelsatz, der bislang 60 bis 80 Prozent davon entspricht, wird auf eine eigenständige Rechenbasis gestellt. Der Entwurf umfasst auch das von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) angekündigte »Bildungspaket« für Kinder.
Künftig soll sichergestellt sein, dass Kinder aus Hartz-IV-Haushalten ein Schulmittagessen bezahlt bekommen sowie über eine Bildungs-Chipkarte Schulmaterial, Schulausflüge, Nachhilfe und Freizeitangebote finanzieren können. Das Arbeitsministerium wies Berichte zurück, wonach die Länder gegen die Chipkarte opponieren.
Auch die Unterkunftskosten werden neu geregelt: Die Kommunen sollen künftig selbst festlegen, in welcher Höhe sie Miete für Hartz-IV-Bezieher erstatten. Dabei sollen Mietspiegel als Norm dienen.
Als »Armutszeugnis« für die Regierung bezeichnete DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach den Entwurf. Offenbar wolle man das Verfassungsgerichtsurteil »möglichst ›billig‹ umsetzen«, sagte sie. Nicht das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Leben, sondern die Kassenlage des Bundes scheine dabei im Fokus zu stehen.
Tagesthema Seite 2
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