- Brandenburg
- Brandenburg
Menschen zwischen Polo und Marmelade
Das Fernsehereignis »20 mal Brandenburg« zeichnet ein Gemälde von Land und Leuten
Fünf Stunden lang zeigt der rbb am Freitag Dokumentarfilme über Brandenburger und er startet damit zur besten Sendezeit. Er habe es kaum glauben können, als der rbb Anfang des Jahres mit diesem Gedanken an ihn herangetreten sei, erzählt Andreas Dresen. »Wie lange habe ich keinen Dokumentarfilm mehr kurz nach acht im Fernsehen gesehen?«
Der mit Preisen verwöhnte Regisseur ist künstlerischer Leiter des Projektes »20 mal Brandenburg«. In 20 Streifen, ein jeder 15 Minuten lang, stellen Filmemacher wie Rosa von Praunheim, Uli Gaulke und Andreas Kleinert Land und Leute vor. Gemeinsam haben die einzelnen Dokumentarfilme zunächst einmal nur den Drehort: das Land Brandenburg. Aus den einzelnen, auch in der Qualität sehr unterschiedlichen Ausschnitten, entsteht dann aber ein Gemälde, an dem beinahe nichts zu fehlen scheint. Von der Geburt bis zum Tod ist alles dabei. Den Abschluss bildet das Porträt eines Bestatters im uckermärkischen Brüssow.
Zu den stärksten Filmen zählt »Gestern, heute, übermorgen« von Bettina Blümner. Sie zeigt Steffen, der im Freizeitparadies Tropical Islands in Brand die Pflanzen pflegt. Seine Eltern hatten in der DDR eine Gärtnerei mit 15 Beschäftigten. Halb verfallen stehen die Gewächshäuser noch da. Steffen sieht es als seine Aufgabe, sie abzuräumen – pleite, vorbei, und die Partnerin ist auch weg.
In »Fortschritt E 541« von Heike Hartung bleibt es die Aufgabe des 16-jährigen Max, den Großvater davon zu überzeugen, dass die Tage des so lange verlässlichen Mähdreschers aus dem Kombinat Fortschritt Landmaschinen nun doch gezählt sind, dass ein neues, modernes Gerät für den Bauernhof her muss.
»Im Garten« von Thomas Heise beeindruckt mit schönen Einstellungen aus einer Kleingartenanlage in Potsdam. Geredet wird in diesem Stück auch, aber die Worte rauschen vorbei, scheinen wenig Bedeutung zu haben. Dagegen lebt Alice Agneskirchners mit sehr einfachen Mitteln gemachte »Geschlossene Gesellschaft« von den Erinnerungen der alten Menschen, die in einer Kneipe in Wittenberge erzählen, wie es früher war, wie sie sich so fühlen als die ewigen Ossis. Für einen scharfen Kontrast sorgen Jo Goll und Norbert Siegmund mit »Turnier Tango« auf der einen und Jana Kalms mit »Der Geschmack von Brandenburg« auf der anderen Seite. Wohlhabende Leute kaufen sich für ein Poloturnier in Phoeben einen Profispieler aus Argentinien ein. Angela Siebert und Gudrun Fiodorra aus Boitzenburg, einst LPG-Vorsitzende und Konsum-Leiterin, sammeln Wildfrüchte und kochen Marmelade. Am Ende eines verregneten Verkaufstages am Stand freuen sie sich über etwas mehr als 230 Euro Einnahmen.
Irre, was dem 30-jährigen Flüchtling Acha aus Kamerun in Garzau geschieht. Judith Keil und Antje Kruska zeigen es in »Gestrandet«. Bei einem Storchenfest trifft Acha auf den Dorfnazi, lässt sich von dessen Provokationen nicht aus der Ruhe bringen und fast erreicht er, dass der Skinhead ihn akzeptiert.
»20 mal Brandenburg«, rbb, Freitag, 20.15 bis 1.15 Uhr, Wiederholung am Sonntag, 9 bis 13 Uhr
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.