Kampf gegen Boni-Bankertum

Tarifverhandlungen der Genossenschaftsbanken abgeschlossen – ver.di blieb außen vor

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di wehrt sich gegen unliebsame Konkurrenz bei den Genossenschaftsbanken und gegen Boni für alle.

Die Tarifverhandlungen für die über 160 000 Beschäftigten der Volks- und Raiffeisenbanken wurden am Freitag abgeschlossen. Ergebnis: Ab März 2011 bekommen die Angestellten 2,0 Prozent mehr Geld. Zusätzlich gibt es im Oktober 2010 eine Einmalzahlung in Höhe von zehn Prozent des Monatsgehalts, maximal 430 Euro. Der Vertrag hat eine Laufzeit von 25 Monaten. Am Verhandlungstisch fehlte jedoch die größte Gewerkschaft ver.di. Stattdessen schloss der Arbeitgeberverband mit den zwei Verbänden DBV und DHV den Vertrag ab. Ver.di wehrt sich gegen diese »gelben« Gewerkschaften und möchte zudem Boni für alle Banker verhindern.

Ver.dis Konkurrenten hatten bereits 2008 einen Tarifvertrag unterschrieben, der in den Genossenschaftsbanken bis zu 14 Prozent des Jahresgehaltes zu einer variablen Größe macht. Je nach persönlicher Arbeitsleistung und Geschäftserfolg werden Boni gezahlt. Oder auch nicht: Beschäftigte können zwei Monatsgehälter verlieren, wenn sie die Zielvorgaben nicht schaffen – und die gelten als ehrgeizig. Ver.di wollte bei der Fortschreibung des Boni-Tarifvertrages nicht mitspielen und durfte deshalb nicht mit an den Tisch des Arbeitgeberverbandes. Vorverhandlungen scheiterten, weil ver.di sich weigerte, die 14-Prozent-Klausel zu unterschreiben.

Der Deutsche Bankangestellten-Verband (DBV) mit nach eigenen Angaben 21 000 Mitgliedern gibt sich kompromissbereit. »Wir hätten ver.di gerne mit im Boot gehabt«, versichert DBV-Sprecher Oliver Popp. Ansonsten wolle man »die Dramatisierung rausnehmen«. Niemand habe durch die Tarifregelung zwei Monatsgehälter verloren, zumindest ein dreizehntes Gehalt hätten alle Genossenschaftsbanker 2009 als Boni erhalten. Dem widerspricht ver.di nicht, doch der Gewerkschaft geht es um Grundsätzliches: Ver.di wehrt sich gegen die »gelbe« Konkurrenz und möchte Boni für alle Banker verhindern. Die Boni-Schraube wollen die gelben Gewerkschaften jedoch nicht zurückdrehen.

In der Vergangenheit hatte der DBV auch bei der Deutschen Bank und der Norisbank Tarifen zugestimmt, die ver.di grundlegend ablehnt: 42-Stunden-Woche, drei Tage weniger Urlaub und unterm Strich deutlich niedrigere Gehälter.

Scheinbar von links wird die ver.di-Position zudem noch vom DHV attackiert: »Die höheren Profite wurden mit einer stetig sinkenden Mitarbeiterzahl erwirtschaftet«, heißt es vom früheren Deutschen Handlungsgehilfen-Verband. Der forderte angesichts der Krise eine bemerkenswert hohe Gehaltserhöhung – befördert aber den Boni-Boom seit Langem.

Mark Roach, Genossenschaftsbankexperte beim ver.di-Bundes- vorstand, hält die »Gelben« für willige Helfer des Arbeitgeberverbandes. Ver.di veröffentlicht keine detaillierten Mitgliederzahlen, dürfte aber zehnmal so stark wie die »gelbe« Konkurrenz sein. Die Genossenschaftsbanker wollen laut Roach nicht zu Boni-Bankern mutieren. Ein »Verkaufen auf Teufel komm raus« widerspräche der Arbeitsethik der meisten Kundenberater – und auch dem der Kunden.

Unterstützung kommt von Verbraucherschützern. Ehrgeizige Zielvorgaben könnten Berater verführen, dem Kunden Produkte zu verkaufen, die dieser nicht braucht oder die für ihn sogar schädlich sein können, so deren Kritik.

Hausinterne Protestaktionen ver.di-naher Belegschaften unter anderem in den Volksbanken Berlin und Herrenberg-Rottenburg, Solling und Frankfurt am Main demonstrierten vergangene Woche bereits die gewerkschaftliche Schlagkraft. Ver.di muss nun weiterhin auf eine Einigung mit den Genossenschaftsbanken hoffen.


Lexikon

Der Sektor der Genossenschaftsbanken brachte es 2009 in Deutschland auf eine addierte Bilanzsumme von 1025 Milliarden Euro und beschäftigte 170 000 Mitarbeiter. Dazu gehören 1156 Volks- und Raiffeisenbanken (13 571 Filialen) mit circa 30 Millionen Kunden – die Hälfte von ihnen ist gleichzeitig Miteigentümer –, die Spitzeninstitute DZ Bank und WGZ-Bank sowie Spezialinstitute. Mitte des 19. Jahrhunderts waren die ersten Kreditgenossenschaften entstanden, die sich auf das Prinzip der Selbstverwaltung durch die Mitglieder stützten. ND

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